Henriette WOLFF, geb. von der Walde
geboren am 24. Juli 1875 in Aurich
| Straße: | Lilienstraße 9 |
| Todesdatum: | 10. März 1944 |
| Todesort: | Theresienstadt |
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In der Lilienstraße 9 wohnte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Familie von Henriette und Selke Levy gen. „Selly“ Wolff. Das Haus gehörte Selly Wolff seit er es 1895 von Wolf Samson erwarb. Henriette und Selly Wolff hatten zusammen 12 Kinder. Nur 3 ihrer Kinder überleben den Völkermord an den Juden. Henriette von der Walde (Lt. Geburtenregister 1844-1931: „van der Walde“) wurde am 24. Juli 1875 als einziges Kind von Magnus Abraham von der Walde (1848 – 1932) und Karoline Gütel Levy, geb. Wolf (1853 – 1917) in Aurich geboren. Henriette heiratete am 4.12.1894 im Alter von 19 Jahren den Schlachter und Viehhändler „Selly“ Wolff (1863 -1930). Selly Wolff war das jüngste von sieben Kindern von Levy (1818-1869) und Eva Wolff (1825-1901). Sein älterer Bruder Abraham wohnte mit seiner Familie gegenüber in der Lilienstraße 12. Selly Wolff war ein nicht nur in der Stadt Aurich, sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannter Viehhändler und Schlachter, der regelmäßig in den „Ostfriesischen Nachrichten“ sein „Ausstellungs- Fleisch, Das Beste vom Besten“ annoncierte. Seine Enkeltochter, Hannelore Wolff, die heute in den USA lebende Laura Hillman, die den Völkermord überlebte, weil ihr Name auf Schindlers Liste gesetzt wurde, erzählt in ihrem Buch „I will plant you a lilac tree“ /Ich werde Dir einen Fliederbaum pflanzen“, dass sie im KZ Brünnlitz auf einen SS-Wachmann aus Moordorf traf, der sie zunächst schikanierte, dann aber, als ihr ein Plattdeutsches Wort herausrutschte, freundlicher wurde und erzählte, dass er in Ostfriesland einen Viehhändler namens Selly Wolff gekannt habe. Hannelore wagt es damals nicht, sich als dessen Enkeltochter zu erkennen zu geben. In einer Mail berichtet Laura Hillman über ihren Großvater, dass er immer hilfsbereit gewesen sei und anderen oft aus finanziellen Schwierigkeiten geholfen habe, oft so, dass diese nicht bemerken konnten, woher die Hilfe kam. Kalli Gramberg erzählt im 3. Band seiner Rückblicke auf die Auricher Geschichte über den Schlachter Selly Wolff folgende Anekdote: „Als seine vielen Kinder noch klein waren, saßen sie oft auf den Steinen des Bürgersteigs. Selly rief: “Jonni, Luti, Abi“ (usw.)“wollt ihr wohl mit de blode Moors von de kalte Schteine ab!“ Selly Wolff verstirbt am 23. August 1930. Seine Söhne Ludwig , Magnus und Abraham, die schon 1926 als Schlachter und Viehhändler in der Lilienstraße 9 aufgelistet werden, führen das Geschäft ihres Vaters unter seinem Namen weiter. Ende 1939 lebt Henriette nur noch mit ihren Kindern Alma und Jakob in der Lilienstraße 9. Als die Juden gezwungen werden, nur in bestimmten Häusern in der Stadt zu wohnen, muss sie weitere Personen in ihrem Haus aufnehmen. Anfang 1940 muss Henriette Wolff ebenso wie die letzten noch in Aurich lebenden Juden die Stadt verlassen. Sie erhält „aus sicherheitspolizeilichen Gründen die Auflage“ ihren Wohnsitz „aus der Stadt Aurich zu verlegen und sich nach einem Ort außerhalb Aurichs zu begeben.“ Am 30.02.1940 verlässt Henriette Wolff Aurich zusammen mit ihrer Tochter Karoline und deren Mann Martin Wolff und zieht nach Weimar. Dort wohnt sie auch zusammen mit ihrer jüngsten Tochter Ilse Gutmann geb. Wolff. Das Haus Lilienstraße 9 wird zwangsversteigert. In Weimar kann Henriette noch zwei Jahre wohnen. Sie muss miterleben, dass ihr Schwiegersohn Martin Wolff in das KZ Buchenwald verschleppt wird, weil er unerlaubterweise mit dem Fahrrad gefahren ist, und muss erfahren, dass er am 23. März 1942 ermordet wurde. Am 10. Mai 1942 muss sie sich von ihrer Tochter Karoline und von deren drei Kindern Hannelore, Wolfgang und Sally verabschieden, weil diese nach Osten deportiert werden. Ihre Enkeltochter Hannelore/Laura Hillman hat heute noch das Bild vor Augen, wie die Großmutter ihr zum Abschied weinend zuwinkt. Auch von ihrer Tochter Ilse muss sie sich verabschieden, als diese mit ihrem Mann Fritz Gutmann ebenfalls am 10. Mai 1942 in das Ghetto Lublin deportiert wird. Am 20.September 1942 muss auch Henriette Wolff Weimar verlassen und wird über Leipzig nach Theresienstadt deportiert. Dort wird sie am 10. März 1944 im Alter von 68 Jahren ermordet. |
| Recherche und Eingabe: Hans-Jürgen Westermayer | |
| Foto: | Henriette Wolff (Kennkarte v. Zeitungsannoce Schlachterei Selly Wolff |
| Opfergruppe: | Juden |
| Quellen: | Geburtenregister 1844-1931 (Rep.248, Nr. 943); |
| Literatur: | Gerd-D. Gauger, Aurich in Kaisers Rock und Petticoats 1918-1959, Aurich 2002, S. 73; Laura Hillman, I will plant you a lilac tree, New York 2005; Kalli Gramberg, Aurich von C. B. Meyer bis auf unsere Tage, Drittes Buch , Aurich 1996;Aussage von Minna Wolff a.d. Verf. März 1982, in: Johannes Diekhoff, Die Auricher Judengemeinde von 1930 bis 1940, in: Aurich im Nationalsozialismus, Aurich 1993, S. 247-299, S. 292 |
| Patenschaft: | Reformierte Kirche Aurich |
| Verlegetermin: | 9. November 2012 |






