 Guste Margrit Wolffs
.
.
.
.
.
.
.
|
Guste Margrit Wolffs wird als jüngstes Kind des Viehhändlers Heimann Wolffs und dessen Frau Rosa, geb. Stahl am 8. Oktober 1928 in Aurich geboren. Sie hat drei ältere Brüder: Die Zwillinge Wolff und Lutz, geboren 1917 und Otto, der 1926 das Licht der Welt erblickte.
Als die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht kamen, war sie gerade einmal viereinhalb Jahre alt – an die Zeit vor dem Nationalsozialismus, vor den Boykotten und Schikanen wird sie sich kaum erinnern können. In einem Telefongespräch sagte sie aber, dass sie positive Erinnerungen an ihre frühere Kindheit habe, da sie und ihr älterer Bruder Otto sehr geborgen und behütet aufgewachsen seien.Spätestens die Pogromnacht am 9.11.1938 dürfte jedoch eine schreckliche Zäsur dargestellt haben: Ihr Vater war im Arbeitseinsatz in Papenburg und ihre Mutter besuchte ihren großen Bruder Wolff in Enschede, wohin dieser ausgewandert war, so dass die zehnjährige Margrit und ihr zwölfjähriger Bruder mit einer Tante allein im Haus sind, als Nationalsozialisten das Haus in der Lindenstraße stürmen, laut herumschreien, randalieren, Einrichtungsgegenstände zerschlagen oder stehlen. In der gleichen Nacht wird auch ihr Vater verhaftet – bis zum 17. Dezember bleibt er im Konzentrationslager Buchenwald. Als er wiederkommt, ist er ausgemergelt und schwer erkrankt. Nur fünf Tage später verstirbt er, Margrit ist nun Halbwaise.Ihrer Mutter gelingt es, für Margrit und Otto einen Platz bei Kindertransporten nach England zu bekommen – sie hat sogar dafür gesorgt, dass beide Kinder zuvor Englischunterricht erhalten, damit sie sich in England besser verständigen können. Dennoch muss es für die Zehneinhalbjährige sehr schwer gewesen sein, sich am 17. Mai 1939 von ihrer Mutter und ihrem Bruder Otto zu verabschieden und ganz allein in ein fremdes Land zu reisen, ohne zu wissen, ob und wann sie ihre Familie wiedersehen würde. Tatsächlich hat Margrit ihre Mutter niemals wieder gesehen, und auch Otto, der ebenfalls nach England fliehen kann, sieht sie bis zu dessen Rückkehr nach Deutschland nach dem Krieg nur drei Mal: Margrit wird in England nach Sunderland im Norden Englands gebracht, während ihr Bruder nach London kommt. In England wächst Margrit in einem Heim auf, hier lebt sie bis zu ihrem 16. Geburtstag. Sie macht eine Ausbildung als Köchin und lebt eine Zeit lang in Leicester, bevor sie nach London zieht. Hier arbeitet sie in einer Kindertagesstätte und heiratet schließlich 1958 Reb Pinchas Osher Silbermann. Seither heißt sie Margaret Silbermann. Das Ehepaar bekommt zwei Söhne, Moshe Chaim, der mit seiner Familie in Antwerpen lebt und Elimeilech, der nur wenige Straßen von ihrem Wohnhaus in Stamford Hill entfernt bei der Zeitung „Jewish Tribune“ arbeitet und seine Mutter mindestens einmal in der Woche besucht. Sie ist seit dem Jahre 1998 verwitwet. Margaret war nach ihrer Flucht nach England nur ein Mal wieder in Deutschland, um ihren Bruder Otto zu besuchen. Für sie kam es nach allem, was ihr und ihrer Familie angetan wurde, nie in Frage, wieder in dieses Land zurückzukehren. Sie lebt bis zu ihrem Tod am 2. Juli 2021 in London.
 Zur Verlegung durften wir insgesamt 33 Angehörige und Gäste aus den USA, Israel, Großbritannien und Deutschland begrüßen, darunter alleine 21 Angehörige der Familie Zuns, die sich hier mit uns (Brigitte Weber ganz links, Günther Lübbers obere Reihe links) vor dem Hotel „Hochzeitshaus“ aufgestellt haben.
 Das Haus Lindenstraße 12, heute Georgswall 23, beherbergt Teile des Bauamtes der Stadt Aurich und liegt direkt neben dem Rathaus.
 Die sechs Stolpersteine mit Fotos der mit Rosen geehrten früheren Bewohnern.
 Hier spielt die Bläserklasse des Gymnasiums Ulricianum Aurich unter der Leitung von Frau Könemann-Glashoff zu Ehren der Familie Wolffs auf. Wolff Heimann Wolffs war der letzte jüdische Abiturient des Ulricianums, alle Patenschaften für die Familie wurden von dieser Schule übernommen.

|
| Quellen: |
Staatsarchiv Aurich: Meldekartei; Rep. 248, Nr. 943; Rep. 248, Nr. 947; Rep. 16/1, Nr. 4155; Rep. 107, Nr. 1874; Rep. 107, Nr. 2676http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/gesellschaft-eines-tages-sagte-die-mutter-du-gehst-nach-england-1148629.html, Zugriff vom 13.05.2014Telefongespräch mit Bettina Schönfeld, Tochter von Otto und Enkeltochter von Heimann Wolffs, am 03. Juli 2014
Telefongespräch mit Margaret Silbermann, Schwester von Otto Wolffs, am 27. Juni 2014 |
| Literatur: |
Rebekka Göpfert: Der Jüdische Kindertransport von Deutschland nach England 1938/39. Geschichte und Erinnerung, Frankfurt 1999Johannes Diekhoff: Die Auricher Judengemeinde, in: Aurich im Nationalsozialismus, hrsg. v. Herbert Reyer (Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands, Bd. 69), 247-299 |