 Otto Wolffs
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Otto Wolffs ist der Sohn des Viehhändlers Heimann Wolffs und dessen Frau Rosa. Er wird am 31. Oktober 1926 in Aurich als viertes von fünf Kindern geboren. In Aurich verlebt er bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten eine eher unbeschwerte Kindheit, muss dann in den Jahren nach 1933 jedoch zahlreiche sehr belastende Erfahrungen machen: Nicht nur, dass sein Vater den Viehhandel schließen muss und die Familie finanziell in Bedrängnis gerät; seinem besten Freund, der nicht Jude ist, wird der Umgang mit ihm von dessen Eltern verboten. Er wird auch mehrfach von Jungen, die der Hitlerjugend angehören, zusammengeschlagen und gleich zweimal fast ertränkt – Otto hat bis ins hohe Alter so große Angst vor dem Wasser, dass er nie schwimmen gelernt hat. Als besonders einschneidend erlebt er die Pogromnacht und deren Folgen: Ottos Vater wird verhaftet und kehrt erst Wochen später heim. Otto selbst berichtet, er werde den Anblick seines ausgemergelten und todkranken Vaters bei dessen Heimkehr nie vergessen. Nur fünf Tage nach seiner Ankunft in Aurich ist der Vater tot und Otto Halbwaise. Da seine älteren Brüder bereits in den Niederlanden und die Brüder des Vaters noch in Haft sind, ist es Ottos Aufgabe, das Totengebet für seinen Vater zu sprechen.
Der Tod des Vaters verändert viel für die Familie und Ottos Mutter trifft nun einige wichtige und mutige Entscheidungen: Um das Leben ihrer Kinder zu retten, bemüht sie sich erfolgreich um Plätze bei einem Kindertransport. Nachdem Ottos Schwester Guste Margrit bereits am 17. Mai 1939 Aurich verlassen konnte, begibt sich nun auch Otto am 31. Mai auf die Reise in ein fremdes Land. Ottos Mutter Rosa versucht, Erinnerungsstücke „zu retten“ und gibt Otto Familienfotos oder beispielsweise auch den Füllfederhalter des Großvaters mit. In England wird Otto von einer Pflegefamilie namens Morris in London aufgenommen. Diese versucht, auch Ottos Mutter bei der Einreise nach England behilflich zu sein – sie wollen Rosa als Haushaltshilfe einstellen. Bis Ende August gelingt es ihnen tatsächlich, alle notwendigen Papiere zu besorgen, doch der deutsche Angriff auf Polen am 1. September 1939 macht alle Hoffnungen zunichte: Rosa kann nicht mehr nach England reisen. Der Kriegsausbruch hat noch eine weitere Folge: Otto und andere Kinder werden aus London evakuiert, da man deutsche Luftangriffe fürchtet. Otto wird nach Bradenham, ein kleines Dorf in der Nähe von Thetford, geschickt. Er lebt dort zwei Jahre bei Familie Moore, einer strenggläubigen Methodistenfamilie, die zwar keine Juden kennt, aber großen Wert darauf legt, Otto ein Beibehalten und Ausüben seines Glaubens zu ermöglichen. Als Otto zwei Jahre später Bradenham wieder verlässt, um nach London zu Familie Morris zurückzukehren, fällt ihm der Abschied sehr schwer. In London wohnt er bei Familie Morris und arbeitet im Leder- und Spielwarengeschäft der Familie als Verkäufer, bevor er schließlich eine Schneiderlehre beginnt. Wegen der häufigen Luftangriffe auf London verlässt er die Stadt jedoch im August 1944 erneut und zieht nun zu Verwandten nach Blackburn und arbeitet dort bei der Firma EMSA, die von einem jüdischen Unternehmer aus Mecklenburg gegründet worden war. Als Otto im Sommer 1945 erfährt, dass die US-Militärregierung deutschsprechendes Personal für ihre Dienststellen in Deutschland sucht, bewirbt er sich erfolgreich und arbeitet in der Folge bis 1979 in verschiedenen Positionen für die US-Army in Deutschland. Schon bei seiner ersten Stelle in Esslingen bei Stuttgart lernt er 1946 seine spätere Frau Gertrud kennen, die als Sekretärin bei den Amerikanern beschäftigt ist. Beide heiraten 1951 und bekommen drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter.
Aufgrund gesundheitlicher Probleme muss Otto Ende 1979 seine Arbeit aufgeben: Das Erstarken der Neo-Nazis in Deutschland – eine Demo der NPD in Frankfurt, die er 1977 erlebt, erfüllt ihn mit Entsetzen – und private Angriffe, wie ein Anrufer, der bei Otto immer wieder anruft und erklärt, ihn habe man vergessen zu vergasen, lassen Otto in eine schwere Depression stürzen.
Nichtsdestoweniger engagiert er sich ab Beginn der achtziger Jahre bei einem Zeitzeugenprojekt der Stadt Frankfurt und besucht Schulklassen, um mit den Schülern über die Zeit des Nationalsozialismus und das Schicksal der Juden in Deutschland zu sprechen. Das Erlebte belastet ihn bis heute sehr und bis jetzt fragt er sich immer wieder, ob eine Wiederholung der damaligen Geschehnisse wirklich verhindert werden kann.
Otto Wolffs nahm zusammen mit seiner Ehefrau Gertrud an der Auricher „Woche der Begegnung“ im Mai 1992 teil. Sein Sohn Ralph aus Frankfurt kam mit seiner Frau Evelyne zur Stolpersteinverlegung am 17. Juli 2014 nach Aurich.
Nachtrag: Otto Wolffs verstarb am am 8.11.2020 im Alter von 94 Jahren in Weinstadt.
 Zur Verlegung durften wir insgesamt 33 Angehörige und Gäste aus den USA, Israel, Großbritannien und Deutschland begrüßen, darunter alleine 21 Angehörige der Familie Zuns, die sich hier mit uns (Brigitte Weber ganz links, Günther Lübbers obere Reihe links) vor dem Hotel „Hochzeitshaus“ aufgestellt haben.
 Das Haus Lindenstraße 12, heute Georgswall 23, beherbergt Teile des Bauamtes der Stadt Aurich und liegt direkt neben dem Rathaus.
 Die sechs Stolpersteine mit Fotos der mit Rosen geehrten früheren Bewohnern.
 Hier spielt die Bläserklasse des Gymnasiums Ulricianum Aurich unter der Leitung von Frau Könemann-Glashoff zu Ehren der Familie Wolffs auf. Wolff Heimann Wolffs war der letzte jüdische Abiturient des Ulricianums, alle Patenschaften für die Familie wurden von dieser Schule übernommen.

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