Resi SAMSON
geboren am 29. August 1906 in Aurich
| Straße: | Nürnburger Straße 24 |
| Todesdatum: | 27.09.1940 (Einlieferung in die Tötungsanstalt Brandenburg) |
| Todesort: | Brandenburg |
| Resi Samson wird am 29. August 1906 in Aurich geboren. Ihre Eltern sind Jakob Hartog und Jenny Salomon geb. Windmüller. Sie hat eine jüngere Schwester Betti und einen noch jüngeren Bruder Hugo. Ihr Vater ist Schlachter zusammen mit seinem Bruder Simon Hartog im Betrieb in der Markstraße 19. Der Vater Jakob Hartog Samson betreibt zusätzlich im Sommer einen Schlachterladen auf Norderney um jüdische Gäste mit koscherem Fleisch zu versorgen. Er stirbt 1934. Resi arbeitet nach dem Besuch der Volksschule im mütterlichen Haushalt und hat später, stets saisonbezogen, viele Haushaltsstellungen in Hotels und Pensionen inne. Auch ist sie 2 Jahre lang einmal in Holland (Farmsum bei Delfzijl). Im Januar 1937 kommt sie zurück, weil sie Heimweh hat und schwanger ist.
Resi arbeitet z. T. auch mehrfach in: 1937 erkrankt Resi psychisch und kommt erstmalig in der privaten Heil- und Pflegeanstalt Ilten bei Hannover unter. Nach ihrer Entlassung kommt Resi nach Aurich zurück. Die häuslichen Probleme spitzen sich wieder zu, so dass ihre Mutter eine Untersuchung bei Dr. Müller veranlasst. Dieser vermerkt am 17.12.1938: Frl. Samson ist seit mehreren Wochen geistesgestört, sie ist sehr bösartig und wird handgreiflich. Anstaltsaufnahme ist notwendig. Der Amtsarzt Dr. Meyer darauffolgend am 19.12.1938: Sie stellt zweifellos für sich selbst, ihre Familienangehörigen und auch für arischen Nachbarn eine Gefahr dar und die Unterbringung der R. Samson in einer geschlossenen Anstalt ist somit dringend erforderlich. Allerdings protokolliert PM Gruhn: Als Resi am 28.12.1938 nach Osnabrück abgeholt wird bringt sich anschließend ihr Freund, Nichtjude und Vater ihres noch zu gebärenden Kindes, um. Im Juli 1939 wird eine Reichsarbeitsgemeinschaft (RAG) „Heil- und Pflegeanstalten“ gegründet im Columbushaus am Potsdamer Platz 1. Diese Organisation besteht aus SS-Ärzten und Juristen der Reichskanzlei. Sie hat die Aufgabe alle organisatorischen und pseudorechtlichten Schritte zu planen zur Durchführung der reichsweiten Ermordung von Pflegebedürftigen. Die Mitglieder der Reichsarbeitsgemeinschaft überzeugen sich zuvor durch eine Probevergasung im Zuchthaus Brandenburg von der Wirkung ihrer geplanten Lösung. Diese Organisation erstellt ein Meldeformular zur reichsweiten Erfassung aller nutzlosen Existenzen. Alle Direktoren der Landesheil- und Pflegeanstalten werden unter dem Siegel der Geheimhaltung angeschrieben und zur Beteiligung aufgefordert. Nach den Kriterien des Meldeformulars fällt Resi sofort unter diesen Auftrag – als Jüdin, als andersstämmiger Untermensch ohnehin. Am 21.09.1940 wird Resi mit sieben weiteren jüdischen Insassen in Osnabrück von einem grauen Bus der sogen. Gemeinnützigen [! ] Transportgesellschaft m.b.H., einem Zweig unterhalb der RAG, abgeholt und zur Heilanstalt Wunstorf gebracht. Am 27.09.1940 wird sie mit 152 weiteren jüdischen Patienten nach Brandenburg in die Tötungsamnstalt weiterbefördert. Die letzten Stunden der Resi Samson vermittelt der Bericht eines Augenzeugen* In Brandenburg über eine vorhergehende Mordaktion eines Transports Berliner jüdischer Patienten: Es wurden die Personen nach Geschlecht getrennt in Zellen untergebracht […] sofort nach der Ankunft wurden jeweils immer etwa 20 Personen aus den Zellen geholt […] diese mußten sich völlig nackt ausziehen, da ihnen gesagt wurde, dass sie vor der Verlegung in einen anderen Bau baden und ungezieferfrei gemacht werden müßten. Zuerst hat man die Frauen und Kinder zu den bevorstehenden Vergasungen herangezogen. Um die kranken Menschen nicht zu beunruhigen, wurden sie von Ärzten oberflächlich untersucht und mußten anschließend in einen Raum treten, in dem Holzpritschen standen und […] der aussah wie ein Baderaum. Bevor jedoch die untersuchten Personen in den Raum gingen, bekamen sie einen Nummernstempel mit fortlaufender Nummer aufgedrückt. . Wenn nun die vorgesehene Zahl von Personen in dem ‚Baderaum’ war, wurde die Tür verschlossen. An der Decke des Raumes waren in Form von Brausen Installationen angebracht, durch welche man Gas in den Raum ließ. Nach etwa 15-20 Minuten wurde das Gas aus dem Raum gelassen, da man durch einen Spion festgestellt hatte, dass sämtliche Personen nicht mehr am Leben waren. Nun hat man auf aufgrund der aufgedrückten Nummer die Person festgestellt, bei denen zuvor bei der Untersuchung festgestellt wurde, dass sie Goldzähne hatten. Den Toten wurden die Goldzähne ausgebrochen. Ihre Leichen werden durch Hilfskräfte, Brenner genannt, aus den Kammern gezogen, auf Lastwagen geworfen und im anstaltseigenen Krematorium verbrannt. Die Ermordung wird vom zweiten Anstaltsarzt Aquilin Ullrich überwacht. Er nutzt die vorangegangene Visitation um auffallende Kennzeichen zu finden, die für die Benennung einer späteren Todesursache geeignet sind. Den Hinterbliebenen schreibt er als Dr. Schmitt in Berlin angefertigte Beileidsschreiben, „Trostbriefe“ genannt, über ein ad hoc eingerichtetes Pseudomeldeamt Cholm in Ostpolen. Allerdings dies erst mit ca. halbjähriger Verzögerung. Solange wird der Pflegesatz von den Sozialträgern weiterkassiert, in den Fällen der jüdischen Patienten hat die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland über 350 000 Reichsmark für angebliche Pflege und Unterkunft bereits ermordeter, gezahlt*. Nach dem Krieg taucht Aquilin Ullrich zuerst unter, kann aber durch Unterstützung alter Kameraden 1952 wieder als Fach- und Belegarzt an einer Stuttgarter Klinik einsteigen. Auch findet er den Weg zurück zur katholischen Kirche. Im Nachgang zum sogen. Heyde-Sawade-Prozeß wird Ullrich 1961 verhaftet. Seine Täterschaft in der Beihilfe zur Ermordung von mindestens 1.815 Geisteskranken wir festgestellt. Er wird allerdings: Einer Wiederaufnahme entzieht sich Ullrich durch Beibringen eines Gutachtens: Aus den Dokumenten geht mittelbar, aber deutlich hervor, dass alle anderen verantwortlich Beteiligten, d. h. Ärzte, Pfleger, Verwaltungen, von den Ermordungen wussten. Die Frage, ob dieses Wissen und Gewähren, als Mittäterschaft zu werten ist, hat die Forschung in vielen Beiträgen mittlerweile genügend beantwortet – mit ‚Ja’. Diese Feststellung hat noch mehr Gewicht, angesichts der Weigerung und der Verschleppungstaktik der Strafverfolgung diese Taten in den späteren Jahren aufzuklären. Die medizinischen Kollegen in den entscheidenden Korporationen und Netzwerken halfen den Tätern in jeder Weise wieder in den Beruf einzusteigen. Eine ausführliche Biografie von Resi Samson findet sich im Buch „Stolpersteine Aurich“ und kann auch auf dem Blog des Verlages eingesehen werden. |
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Recherche: Jörg Peter |
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| Fotos von der Verlegung: | Günther Lübbers |
| Opfergruppe: | Juden |
| Quellen: | Staatsarchiv Aurich: Rep. 251 Nr. 15, 815 und 1158, Rep. 34 C 494; Meldeblätter; Kennkarten; Staatsarchiv Hannover; Staatsarchiv Osnabrück Rep 727 Akz. 13,85 Nr3941; |
| Literatur: | *Holger Frerichs Spurensuche: Das jüdische Altenheim in Varel 1937-1942 Jever 2012 |
| Patenschaft: | Elisabeth Abs und Willi Buschmann |
| Verlegetermin: | 21. Februar 2013 |



