Friedrich „Fritz“ Hoffmann

Veröffentlicht: 3. Januar 2010 von westermayer in Verlegung

Friedrich „Fritz“ HOFFMANN
geboren am 18. Januar 1989 in Elberfeld

Straße: Wallstraße 19
Todesdatum: Unbekannt (5. Mai 1942 Deportation nach Chelmno)
Todesort: Chelmno nad Nerem (Kulmhof)

Friedrich „Fritz“ Hoffmann (Sammlung Zuntz)

 

 

 

 

 

 

 

 

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Siegfried Friedrich Hoffmann wird am 18.01.1889 in Elberfeld geboren. Er ist das fünfte Kind des Elberfelder Hoteliers Heinrich Hoffmann (*1. April 1853 in Triest!) und seiner Ehefrau Helene geb. Falk. Er hat eine ältere Schwester Johanna *15. 4. 1886 und noch ältere Brüder Julius *11. 5. 1885, Felix * 28. 11. 1881 und Alexander * 22. 3. 1883.

Sein Vater kauft 1893/94 vom Vorbesitzer Moses von der Wall das 1889 erbaute Wohnhaus mit Hinterhaus und Hof in der Bismarckstraße 4, Ecke Roonstraße, auf Norderney. Er erweitert es und macht es zu einem Haus ersten Ranges, so die Werbung in einer Anzeige …einzigstes Hotel unter Rabbinatsaufsicht auf den Nordsee-Inseln (s. Foto unten).

Die Kinder Julius, Johanna (verh. Hergershausen) und Friedrich übernehmen 1922 diesen Betrieb.

Friedrich heiratet 1920 Rebekka Wallheimer aus Aurich (s. Foto unten). Das Paar bekommt drei Kinder: Eva, Helene und Henry. Mit der Wirtschaftskrise und den schon im Frühjahr 1933 anschließenden Boykottaufrufen gegen jüdische Gäste gerät der Familienbetrieb in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die 1935 in der Zwangsversteigerung enden. Die Familie zieht nach Aurich, dem Geburtsort seiner Frau. Friedrich arbeitet dann als Koch an vielen Orten in Deutschland und der Schweiz: Arosa, Köln, Ohrdruf, Mannheim, Leipzig, Aachen, Leipzig usw.. (Foto als Koch s. u.). Auf seine tropischen Erfahrungen aus der Seefahrt aus Reisen nach Argentinien weist er in Briefen an seine Tochter mehrfach hin. Er ist nur alle paar Monate für wenige Tage zuhause in Aurich.

Die immer schärfer werdende politische und wirtschaftliche Verfolgung in den 30ern veranlasst ihn, seine beiden Töchter ins Ausland zu schicken. Eva im Mai 1938 zu Verwandten nach Italien, dann Helene mit der Jugend-Aliyah im März 1939 nach Palästina. Auch sein Sohn Henry – noch ein Kind – soll nach Erez kommen. Er versucht es mit allen Mitteln über die Reichsvereinigung zu erreichen – wenigstens ein Vorbereitungslager. Dies gelingt aber erst im Frühjahr 1940 im Landwerk Steckelsdorf bei Rathenow.

Das Haus in der Wallstraße 19 muss verkauft werden. Seine Frau Rebekka lebt allein mit ihrem halbwüchsigen Sohn und führt ab 1.01.1938 den Haushalt als Mittelpunkt der nun bald weitverstreuten Familie im Haus Markstraße 4 (ein Judenhaus). Zwischenzeitlich nimmt sie ein Kleinkind – Lora – in Pflege.

Seine letzten Arbeitsstätten als Koch sind das israelitische Krankenhaus in Leipzig (s. Foto unten), und ab 2.05.1939 in Hamburg die Gaststätte Hellmanns (Julius Hellmann) beim Jüdischen Kulturbund Hamburg in der Hartungstraße 9-11 (s. Foto unten). Dort wird ihm zum 6.08.1939 gekündigt, und ab dem 21.08.1939 arbeitet er im Altenheim Emden in der Klaas-Tholen-Straße.

In diesen Zeiten schreibt Friedrich seiner Tochter alle zwei bis drei Tage einen Brief oder eine Postkarte nach Palästina – seine Frau Rebekka tut das auch. Es sind Lebenszeichen und sie enthalten gutväterliche Ratschläge über das richtige Essen, Trinken, Eifer beim Lernen von Ivrith usw. Es ist ein reger fast intimer Gedankenstrom. Er benennt seine Tochter in lustigen Vexierspielen mit allen möglichen Kosenamen, wie auch (Leni-)Möh . Und dies oder jenes dort offenbarte Geheimnis dürfe sie nicht an Mutter verraten (ein Abszess am Achtersteven wofür er vier Wochen im Krankenhaus lag). Natürlich spricht aus diesen Zeilen die seelische Not eines Vaters über sein fortgegangenes Kind: Wenn wir doch auch bald in Erez wären. Zugleich schreibt er, – es geht uns gut, wir haben zu essen, Mutter ist hübsch wie immer und Henry, der sich zuhause ein wenig langweilt, macht sich auch gut – aber es wird alles immer mieser. Dem heutigen Leser teilt sich die Bedrückung aus diesen Zeilen sehr wohl mit.

Mit der Vertreibung der Auricher Juden im Frühjahr 1940 können Friedrich und seine Frau Rebekka ins Altenheim nach Emden umziehen und führen dort die Hauswirtschaft. Bald reißen die Brief-Nachrichten von dort an ihre Tochter Leni ab. Es ist anzunehmen ist, dass sich ihre Lebenslage rapide verschlechtert hat.

Am 23.10.1941 muss er mit seiner Frau und weiteren 121 Insassen des Heims den Weg zum Bahnhof-West in Emden antreten. Sie werden mit einem Zuliefertransport nach Berlin gebracht, der dort am 24. 10. Ankommt, und von dort gleich weiter nach Łódź  deportiert, wo sie am 25.10.1941 eintreffen. Auf der Transportliste ist Friedrich mit Beruf „Koch“ und „arbeitsfähig“ vermerkt und er führt den festgestellten Geldbetrag von 51,91 RM mit – dem man ihm sogleich bei Ankunft im Eintausch mit wertlosem Ghettogeld, abnimmt. Die Emder werden im sogen. Greisenheim in der ul. Gnieźnieńska 26 untergebracht. In Łódź verlieren sich die individuellen Spuren von Friedrich Hoffmann und seiner Frau.

Dieser Transport war einer der ersten zu einer Zeit, als das industrielle System des Massenmords noch nicht etabliert und dementsprechend behelfsmäßig war. Um im Ghetto Platz für zu schaffen, werden ab Januar 1942 Arbeitsunfähige in das 70 km entfernte Chełmno nad Nerem  gebracht. Friedrich Hoffmann und seine Frau sind am 4.05.1942 dabei. Die Opfer werden in bereitstehende Möbellastwagen getrieben. Die umgelenkten Auspuffgase des dann angelassenen Motors ersticken die Eingepferchten. Der Fahrer fährt das Fahrzeug anschließend zum Entladen an vorbereitete Gruben.

Recherche: Jörg Peter
Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 12.09.2015)

 

Gedenkwand bei den Massengräbern bei Chelmno nad Nerem (Kulmhof)

Freilegung von Gebäuderesten auf dem Museumsgelände des früheren Vernichtungslagers. Fotos Günther Lübbers

Die Stolpersteine für Familie Hoffmann an der Stelle, wo früher das Haus Wallstraße 19 stand, heute ist dort die Zufahrt zum Gebäude der Sparkasse Aurich-Norden.

Fotos: – Friedrich Hoffmann (Datum unbekannt)– Sammlung Zuntz
– Friedrich Hoffmann 1911  – Sammlung Zuntz
– Hochzeitsfoto Rebekka und Fritz Hoffmann – Sammlung Zuntz
– Hoffmanns Hotel Falk 1900 – Pauluhn, a.a.O.
– Die Nachkommen der Helene Hoffmann am Ort des früheren Hotels am 18. 7. 14 Günther Lübbers
– „Das Neue israelitische Krankenhaus in Leipzig“
– Krankenhaus Leipzig heute (Eitingonstraße 12)
– Speisesaal des Gemeindezentrums, später Gaststätte Hellmanns
Opfergruppe: Juden
Quellen: – ehem. Melderegister Stadt Aurich und Kennkartensammlung beim Nds. Staatsarchiv
– Korrespondenz und Sammlung Gabriel Zuntz – Sde Eliahu
– Ingeborg Pauluhn – Zur Geschichte der Juden auf Norderney, Hamburg 2003
– Projekt Emden-Łódź
Literatur:
Patenschaft: Johann Schmidt
Verlegetermin: 17. Juli  2014

Friedrich „Fritz“ Hoffmann (Sammlung Zuntz)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fritz und Rebecca Hoffmann (Sammlung Zuntz)

Hoffmanns Hotel Falk 1900 – Zur Geschichte der Juden auf Norderney, Hamburg 2003

Die Nachkommen der Helene Hoffmann am Ort des früheren Hotelsauf Norderney am 18.07.2014

Krankenhaus Leipzig heute
früher: „Das Neue israelitische Krankenhaus in Leipzig“

Speisesaal des Gemeindezentrums, später Gaststätte Hellmanns

 

 

 

 

 

 

 

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