Elfriede KUSSEL
geboren am 18. Februar 1925 in Aurich
| Straße: | Marktstraße 2 |
| Todesdatum: | unbekannt |
| Todesort: | Ghetto Minsk |
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Elfriede Kussel wird am 18. Februar 1925 geboren. Sie ist die zweite Tochter des Schlachters und Viehhändlers Hugo Kussel und dessen Frau Marianne. Elfriede hat eine zweieinhalb Jahre ältere Schwester, Netta. Beide Mädchen wachsen in Aurich wohl zunächst recht behütet auf. Sie wohnen bis zum 1. Dezember 1930 noch im Haus der Großeltern, Wolff und Fanni Wolff, in der Wallstraße 8/10, das Elfriedes Großvater gehört. Auch ihre Tante Regine, die Schwester ihrer Mutter, wohnt dort mit ihrem Mann Benno. 1930 zieht die kleine Familie in die Marktstraße 2 um. Die Geschäfte von Elfriedes Vater scheinen gut zu laufen, was die lange Liste der Hausmädchen, die Elfriedes Mutter im Haushalt unterstützen, belegt.Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten muss sich dies jedoch grundlegend gewandelt haben: Schon 1933 gibt es erste Boykotte gegen jüdische Geschäfte, und in der Folgezeit hat die Familie immer stärker unter den Repressalien zu leiden. Der Umzug in das Haus in der Marktstraße 18 am 15. Januar 1938 ist wohl nicht zuletzt auch der schwierigen wirtschaftlichen Lage geschuldet. Elfriedes Vater muss seinen Betrieb schließlich schließen.
Ein sehr einschneidendes Erlebnis muss für die dreizehnjährige Elfriede die Pogromnacht am 9. November 1938 gewesen sein: Nicht nur, dass die Synagoge niedergebrannt wird, auch ihr Vater wird verhaftet. Die Familien wusste zunächst gar nicht, was mit den Verhafteten geschehen würde. Elfriedes Vater wird nach Sachsenhausen gebracht und dort bis zum 17. Dezember interniert. Die Haftbedingungen sind sehr hart und die Gefangenen werden im Lager schikaniert und misshandelt. Vielleicht reifte in diesen letzten Monaten 1938 in Elfriede der Entschluss, Aurich zu verlassen und zu versuchen, einen Platz für eine Auswanderung nach Palästina zu erhalten. Elfriedes Schwester Netta hatte zu diesem Zeitpunkt das Elternhaus bereits verlassen, sie ist nach Mannheim gezogen, wo ihre Tante Auguste lebt, und macht dort möglicherweise dort eine Ausbildung ist als Hausmädchen in Stellung gegangen. Am 27. Juli 1939 meldet sich Elfriede aus Aurich ab. Sie zieht zunächst nach Hannover in die Grabekstraße 86, später ist sie in Spreenhagen in Brandenburg gemeldet: Möglicherweise lebte und arbeitete sie dort auf dem Gut Winkel, das auswanderungswillige Jugendliche auf ein Leben in Israel vorbereitete. Das Gut Winkel bildete u.a. junge Frauen zu Hauswirtschafterinnen aus, zudem wurden landwirtschaftliche Tätigkeiten und Hebräisch unterrichtet. Als das endgültige Ausreiseverbot für Juden 1941 erlassen wurde, wurde auch das Gut geschlossen. 1941 kehrt Elfriede zu ihren Eltern zurück – diese leben jedoch auch bereits nicht mehr in Aurich. Da alle Juden die Aufforderung erhielten, bis zum 1. April 1940 Ostfriesland zu verlassen, zogen auch Hugo und Marianne aus Aurich fort. Gemeinsam mit Elfriedes Tante Regine und deren Mann Benno ließen sie sich in Düsseldorf nieder. In Düsseldorf wohnt Elfriede jedoch nicht bei ihren Eltern im Düsselkämpchen 2, sondern in der Kleverstraße 29. Im Herbst 1941 erhalten Elfriede und ihre Eltern die Aufforderung, sich am 9. November 1941 in Düsseldorf am Schlachthof einzufinden. Am nächsten Tag werden sie von dort aus gemeinsam mit 994 anderen Menschen nach Minsk deportiert. Das Ghetto Minsk war im Juli 1941 eingerichtet worden: Man hatte einen rund zwei Quadratkilometer großen Stadtteil abgegrenzt und die Juden aus Minsk dort zusammengepfercht. Hinzu kommen nun mehrere tausend deportierte Juden aus Deutschland, Österreich und Tschechien. Als das Ghetto eingerichtet wurde, wurde ein Platzbedarf von 1,5 Quadratmeter pro Person berechnet, dementsprechend eng wurde es im Ghetto. Die Lebensbedingungen sind sehr schlecht – zur räumlichen Enge und schlechten hygienischen Bedingungen kommt eine katastrophale Versorgung: Pro Bewohner werden pro Tag rund 200 Gramm Brot kalkuliert; Juden, die als Zwangsarbeiter in den Fabriken eingesetzt waren, können allenthalben noch hoffen, in der Fabrik eine zusätzliche Suppe zu erhalten. Die Spur von Elfriede verliert sich hier: Sie verschwindet gemeinsam mit ihrer Mutter im Ghetto Minsk – bis heute ist unklar, wann genau sie starb. Bei ihrer Deportation war sie sechzehn Jahre alt. Von den 997 Menschen, die am 10. November 1941 von Düsseldorf aus deportiert worden waren, überlebten lediglich fünf. Zu den Ermordeten gehört auch Elfriedes Vater. Ihre Schwester Netta, der die Flucht nach Schweden gelang, ist die einzige der Familie, die den Holocaust überlebte. |
| Recherche: Dr. Sandra Weferling Eingabe: Hans Jürgen Westermayer (Stand 2.12.2015) |
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| Foto: | Kennkarte v. 16.05.1939 |
| Opfergruppe: | Juden |
| Quellen: | Staatsarchiv Aurich: Meldekartei; Rep. 248, Nr. 943; Rep. 107, Nr. 1596; Rep. 107, Nr. 1535;
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html http://www.statistik-des-holocaust.de/OT411110-Duesseldorf29.jpg |
| Literatur: | https://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto_Minsk
https://de.wikipedia.org/wiki/Hachschara http://forge.fh-potsdam.de/~SWABD/eckd-gw.htm http://duesseldorf.deutscher-koordinierungsrat.de/gcjz-duesseldorf-Von-Duesseldorf-nach-Minsk-2013 |
| Patenschaft: | Sandra Weferling und Heiko Schlake |
| Verlegetermin: | 17. Juli 2014 |


