Hanchen Hoffmann geb. Wolff

Veröffentlicht: 15. Januar 2010 von westermayer in Verlegung

Hanchen Hoffmann
geboren am 29. November 1889 in Aurich

Straße: Wallstraße 24
Todesdatum: Unbekannt, Deportation nach Auschwitz am 4.09.1942
Todesort: Auschwitz
Hanchen Hoffmann geb. Wolff wurde am 29.11.1889 in Aurich als Tochter von Nathan Levy Wolff (1849-1934) und Friederike Jonas Wolff geb. Weinberg geboren.
Sie heiratete den Möbelhändler Jakob Hoffmann, geb. am 21.03.1881. Sie wohnten in der Wallstr. 24.

Am 07.07.1912 wurden ihre Tochter Friederike und drei Jahre später, am 14.08.1915, ihr Sohn Werner geboren.

Jakob Hoffmann diente im 1. Weltkrieg. Er starb an den Spätfolgen seiner Kriegsverletzungen am 19.01.1935 im Alter von 53 Jahren. Er ruht auf dem jüdischen Friedhof in Aurich.

1938, nach der Pogromnacht, verließ Hanchen Hoffmann Aurich und zog zu ihrer Tochter Friederike und deren Ehemann Moritz nach Amsterdam. Laut Einwohnermeldeamt Aurich meldete sie sich am 27.03.1939 ordnungsgemäß ab. Auch die Eltern von Moritz Wildström, dem Ehemann ihrer Tochter Friederike, zogen nach Amsterdam.

Hanchen Hoffmann blieb in der folgenden Zeit bei ihrer Tochter und begleitete sie auf der Flucht über Belgien nach Frankreich.

 

Ihre Tochter Friederike wuchs in der Wallstr. 24 auf. Ihr Beruf „Verkäuferin“ wurde in der Meldekarte durchgestrichen und durch Haustochter ersetzt. Im Jahr 1929 verließ sie im Alter von 17 Jahren Aurich und wohnte in Leer, Kassel und Emden.
Am 15.09.1932 zog sie nach Köln. Hier lernte sie ihren späteren Ehemann Moritz Wildstrom, geb.19.09.1904 in Köln, Sohn von Samuel und Sabina Fest, kennen.
Am 01.04.1933, nach den ersten Zerstörungen jüdischer Einrichtungen und Geschäfte, fuhr Moritz Wildstrom zu der Familie seiner späteren Ehefrau nach Aurich. Sie wollten Deutschland verlassen und er kam mit Hilfe von Friederikes Familie über die grüne Grenze nach Middelburg in Holland. Dort bekam er, auch hier von Friederikes Familie, Unterkunft und Arbeit.
Wenig später verließ Friederike ordnungsgemäß laut Meldekarte am 18.06.1933 mit dem Vermerk „Ist von Aurich aus erteilt“ die Stadt und lebte als Hausgehilfin und Gesellschaftsdame bei dem Neffen ihres Vaters in Scheveningen.

Friederike und Moritz wollten heiraten, aber die Papiere von Moritz wurden nicht anerkannt. Durch seine Eltern war er ja noch polnischer Staatsbürger. Sie gingen nach Brüssel und heirateten am 08.01.1936 in Schaerbeck, Belgien. Die sahen das damals nicht so eng.
Zurück in Middelburg feierten sie ihre Chuppah, die jüdische Hochzeit, am 16.02.1936. Der erste Sohn, James, wurde geboren. Er wollte heute an dieser Stolpersteinverlegung teilnehmen. Leider lässt sein gesundheitlicher Zustand das nicht zu.

Am 10. Mai 1940, als die Deutschen Holland überfielen, begann die Flucht für Friederike, Moritz, James und ihre Mutter Hanchen. Sie hatten vom niederländischen Generalstab ein amtliches Papier: „Alle Dienststellen und Armee-Einheiten werden ersucht, den Inhabern dieses Dokuments – deutsche Juden – behilflich zu sein und ihnen freies Geleit zu geben.“ Das Papier wirkte tatsächlich Wunder. Eine niederländische Einheit brachte sie und ein zweites deutsch- jüdisches Paar mit einem Lastwagen nach Vlissingen. Sie fuhren weiter mit der Fähre nach Breskens, Belgien. Ihr Ziel war Frankreich. Aber auch Belgien war inzwischen von den Deutschen besetzt. Was nun?
Ihr deutscher Mitflüchtling hatte etwas Gold mitnehmen können. Davon kauften sie sich ein altes, klappriges Auto, einen kleinen Renault, und fuhren mitten durch das besetzte Belgien nach Frankreich. Dank des niederländischen Dokumentes, das auch von den Franzosen mit dem Vermerk „Libre“ abgestempelt war, kamen sie nun nach Cognac. Doch der böse Traum ging weiter. Auch die französischen Streitkräfte kapitulierten. In Toulouse angekommen, mussten sich alle Ausländer melden und Moritz Wildstrom wurde in St. Cyprien an der spanischen Grenze interniert. Friederike, ihre Mutter und ihr Sohn durften in Toulouse bleiben.

Moritz konnte fliehen. Wieder bei seiner Familie in Toulouse angekommen, wurden sie an die spanische Grenze nach Aspet gebracht. Hier kümmerten sie sich um jüdische Kinder in einem Kinderheim, deren Eltern in Frankreich deportiert waren. Es waren deutsche Kinder, die natürlich kein Französisch verstanden. Lebensmittel bekamen sie von französischen Bauern. Das war 1941/42.
Doch es kam noch schlimmer. Sie wurden alle in ein neues Lager nach Noe gebracht. Sie sahen sie nie wieder. Von Noe aus wurde Hanchen Hoffmann vermutlich nach Drancy überführt und am 21.08.1942 von dort aus nach Auschwitz deportiert.

Friederike überlebte mit ihrer Familie. Mit fremder Hilfe konnten sie auch dieses Lager verlassen und ihre Flucht führte sie in die Schweiz. Sie hatten gehört, dass dort schwangere Frauen mit ihren Familien einreisen durften. So planten sie eine 2. Schwangerschaft während ihrer Flucht, um der rassistischen Verfolgung zu entkommen. 1943 wurde das zweite Kind in Genf geboren.
Nach der Befreiung kehrten sie auf dem schnellsten Weg nach Holland zurück. Friederike hat den Holocaust zusammen mit ihrer Familie und deren Nachkommen überlebt.
1947 wurden sie alle Niederländer. Friederike Wildstrom, geb. Hoffmann aus Aurich, Wallstr. 24, hat bis zum 07.01.2009 in Amsterdam gelebt. Sie wurde 96 Jahre alt.

Ihr Sohn James hat nach dem Krieg einen Gedenkstein für die Mutter von Friederike am Denkmal von Friederikes Vater, Jakob Hoffmann, anbringen lassen. Da steht unter ihrem Namen: “Umgekommen wegen ihres Glaubens“. Er wollte, dass keiner sagen kann, ich habe es nicht gewusst.

Die Eltern und Großeltern von Moritz Wildstrom waren polnische Juden aus Oswiecim (Auschwitz). Alle, die in Deutschland blieben, wurden dort wieder hingebracht und ermordet.

Hanchen Hoffmann, geb. Wolff wurde am 21.08.1942 aus dem Lager Drancy nach Auschwitz deportiert. Ihr Name stand auf einer Liste mit vielen anderen, die verlesen wurden. Am nächsten Tag wurden sie alle in Güterwagen abtransportiert. Ein letztes Mal im September 1942 wurde sie in Auschwitz gesehen. Sie starb dort mit 52 Jahren.

Recherche: Lenchen Holthuis und Schüler der Förderschule Körperliche und Motorische Entwicklung Aurich
Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 27.10.2017)
Foto: Moritz Woldström und Friederike Wildström geb. Hoffmann
Gedenkstein für Jakob Hoffman und Hanchen Hoffmann geb. Wolff
Opfergruppe: Juden
Quellen:
Literatur: Volker Jakob/Annet van der Voort; Anne Frank war nicht allein. Lebensgeschichten deutscher Juden in den Niederlanden, Berlin-Bonn 1988, S. 67-75
Patenschaft: I. Rüttgens-Schlette
Verlegetermin: 3.  Juli  2015

Friederike Wildström geb. Hoffmann mit ihrem Ehemann Jakob Wildström

Gedenkstein auf dem Auricher Judenfriedhof für Jakob Hoffmann und Hanchen Hoffmann geb. Wolff, gestiftet von ihrem Enkelsohn James Wildström

 

 

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