Josef Cohen

Veröffentlicht: 17. Januar 2010 von westermayer in Verlegung

Josef COHEN
geboren am 25. März 1917 in Aurich

Straße: Marktstraße 16
Todesdatum: 26. Juni 1941
Todesort: Hamburg

 

 

 

 

 

 

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Josef Cohen wird  am 25.03.1917 als jüngstes Kind seiner Eltern Jakob Abraham Cohen und „Jettchen“ geb. Hess in Aurich geboren. Er hat fünf Geschwister. Sein ältester Bruder Moses stirbt bereits im Alter von 2 Jahren; seine Geschwister Moritz und Betti können 1933 bzw. 1936 zunächst nach Holland fliehen, werden aber später im Lager Westerbork interniert, nach Sobibor bzw. Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Seine Brüder Abraham und Wolff Wilhelm können nach Equador bzw. Australien auswandern und so überleben. Informationen zur Familie finden sich in der Biografie von Josefs Vater Jakob Abraham Cohen.

Josef Cohen hat keine leichte Kindheit. Seine Mutter verlässt die Familie als die Kinder noch klein sind. Der Vater berichtet später, dass er – als er 1918 aus dem Krieg zurückkommt – seinen jüngsten Sohn Josef mit Kopfaussatz in einer Bremer Hautklinik vorgefunden habe, da seine Mutter die Kinder vernachlässigt habe.
Bereits 1929 im Alter von 12 Jahren verlässt Josef Cohen Aurich, zieht nach Düsseldorf in ein jüdisches Lehrlingsheim und lernt dort das Schlosserhandwerk. Danach wechselt er häufig die Arbeitsstelle ehe er in Hamburg an der Köhlbrandwerft angestellt wird und schließlich 1938 als Heizer auf dem Schlepper „Reiher“ der Elbe-Dampfschifffahrts AG anheuert.

Josef Cohen (Mitte links) mit Kollegen der „Reiher“ und unbekannten Frauen

Josef Cohen ist ein gut aussehender junger Mann, der bei den Frauen ankommt. Er hält sich gern in Gaststätten und bei Tanzveranstaltungen auf und macht dabei diverse Frauenbekanntschaften. Eine wird ihm zum Verhängnis. Im September 1939 wird er verhaftet, weil er nach einer Tanzveranstaltung eine junge Frau vergewaltigt haben soll. Als Jude wird er der „Rassenschande“ angeklagt. In den sogenannten „Nürnberger Gesetzen“ von 1935 wurde von den Nazis der sexuelle Umgang von Juden und „Arier“ unter Strafe gestellt, wie es hieß: „zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“.

Obwohl die Umstände des Tathergangs unklar sind – z. B. ob tatsächlich Gewaltanwendung stattfand und ob der Verkehr nicht doch mit Einwilligung der Frau stattfand – wird nicht „im Zweifel für den Angeklagten“ entschieden. Am 29. April 1941 wird Josef Cohen als Gewaltverbrecher wegen Notzucht vom Hamburger Sondergericht zum Tode verurteilt und am 26. Juni 1941 im Alter von 24 Jahren hingerichtet.

Sein Fall ist ein Musterbeispiel für nationalsozialistische Willkürjustiz: Widersprüchliche Aussagen über den Tathergang der Notzucht werden nicht berücksichtigt, in den Verhörprotokollen lässt sich eine Vorverurteilung des „Judenlümmels“ deutlich erkennen, Rechtsverordnungen werden rückwirkend auf seinen Fall angewendet und die sofortige Vollstreckung des Urteils trotz bestehender Zweifel im Eilverfahren durchgesetzt.

Josef Cohen bei seiner Verhaftung 1939

Das Todesurteil gegen Josef Cohen spielte Anfang der 1960er Jahre bei Ermittlungsverfahren gegen belastete Justizjuristen eine herausragende Rolle. Hier wurde wegen Rechtsbeugung und Totschlags vorgegangen. Das Verfahren beim Landgericht Hamburg wurde allerdings wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Die beteiligten NS-Richter hatten sich auf das Beratungsgeheimnis berufen.

Eine ausführliche Biografie von Josef Cohen mit einigen Fotos findet sich im Buch „Stolpersteine Aurich“.

Auch in Hamburg wurde ein Stolperstein für Josef Cohen verlegt. Er liegt vor dem Haus Simon-von-Utrecht-Straße 65 in Hamburg Mitte, St. Pauli.

Hier findet sich der Link zur Hamburger Stolperstein Homepage.

https://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?&MAIN_ID=7&p=43&BIO_ID=5627

 

Recherche und Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 17.01.2018)
Foto: ·    Staatsarchiv Hamburg, Prozessakte Josef Cohen, Signatur 621-1/85 447
Opfergruppe: Juden
Quellen: ·    Staatsarchiv Hamburg, Prozessakte Josef Cohen, Signatur 621-1/85 447
Literatur: • Alexandra Przyrembel, Rassenschande, Reinheitsmythos und

Vernichtungslegitimation im Nationalsozialismus, Göttingen 2003, S. 417–421

• Hans Robinsohn, Justiz als politische Verfolgung, Die Rechtsprechung in „Rassenschandefällen“ beim Landgericht Hamburg 1936–1943, Stuttgart 1977

Patenschaft: Wilhelm Borchers
Verlegetermin: 19. September 2018

 

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