Rita Wolff wird am 14.06.1922 in Aurich geboren. Sie ist die älteste Tochter des Kaufmanns Moritz Moses Wolff und seiner Ehefrau Lili Wolff geb. Donner. Ihre jüngere Schwester ist Ingrid Wolff, geboren am 9. Mai 1928. Anders als ihre Eltern und ihre Schwester kann Rita den Holocaust überleben.
 v. l.: Lilli Donner (15.08.1889), Henni Donner (*3.02.1913, Tochter von Louis Donner) und Frieda Plaut (*24.12.1890), Foto 1915
Lili Donner ist am 15.08.1889 in Wittmund geboren. Ihre Eltern sind Simon Donner (1852 – 1935) und Henny geb. Holländer (1854 – 1914). Die Familie Donner betreibt eine Schlachterei und einen Viehhandel und hat zudem noch viele Ländereien in ihrem Besitz, waren also sehr vermögend. Dies zeigt sich auch an über 50 Rückerstattungsforderungen von Verwandten aus dem Ausland nach Kriegsende.
Simon und Henriette haben sieben Kinder. Lilly war die Zweitjüngste.
Ihren Urlaub verbringt Familie Donner im Sommer auf der Insel Wangerooge. Hier entstanden auch die beiden Fotos. Übrigens: Der Name „Donner“ wurde durch ein Dekret 1811 von Napoleon I. festgesetzt. Die Familie, die schon lange in Wittmund lebte, hieß vorher Isaacs.
Simon Donner leitet über 30 Jahre bis 1914 die Wittmunder jüdische Gemeinde als Schulvorsteher. Sein Sohn Louis folgt ihm in diesem Amt 1922-1925.
Lili Donner heiratet am 17.11.1920 in Wittmund Moritz Moses Wolff.
Moritz Moses Wolff wird am 14. März 1890 in Aurich geboren. Seine Eltern sind der Kaufmann Moses Levy Wolff (1859-1916) und Rosa Meyer geb. Sternberg (1860-1917). Seine Mutter stammt aus einer der bekanntesten Auricher Kaufmannsfamilien. Ihr Bruder ist Jakob Meyer Sternberg (1856-1941), der 1937 im Alter von 81 Jahren zusammen mit seinem Sohn Max Aurich schweren Herzens verlässt.
Moritz hat acht Geschwister (Rosalie verh. Wolff *2.05.1889 +12.09.1970 USA, Leopold *6.08.1891 +25.05.1916 im Feldlazarett der 10. Ersatzdivision, Erna verh. van Dyk *4.03.1893 + 18.12.1944 Stutthof, Frieda verh. Sternberg *12.07. 1894 +7.04.1986 USA, Wilhelm *20.01.1889 +5.05.1940 Berlin, vermutlich Selbstmord, Richard *18.07.1899 +6.09.1899 Aurich, Hilde verh. Glück*17.07.1902 +13.01.1992 USA). Seine Schwestern heiraten Auricher Geschäftsleute (s. Biografien).
Moritz Moses Wolff ergreift wie sein Vater den Beruf des Kaufmanns. Er betreibt mit seinem Bruder Iwan in der Osterstraße 17 (Ecke Wallstraße) ein Geschäft für Manufaktur- und Modewaren und auch für „künstliche Düngemittel“ (s. Adressenverzeichnis 1926).
 Das Foto entstand auf Wangerooge und zeigt von links Erna und Julius Donner, Johanne Donner (sie wählte in Dortmund 1940 den Freitod) sowie Hermann und Frieda Donner (geb. Plaut). (Foto 1920ger Jahre)
Nach der Hochzeit zieht Lili am 1.12.1020 zu ihrem Mann nach Aurich. Moritz und Lilly bekommen drei Kinder: Am 14.06.1922 wird ihre Tochter Rita geboren, am 9.05.1928 ihre Tochter Ingrid. Ihre Tochter Helga (geboren 1924) ist schon nach einem Jahr gestorben. Auf der Meldekarte der Familie sind von 1926-1937 viele Stützen, Kindermädchen, Lehrmädchen und Hausmädchen eingetragen. Das zeugt von einem gewissen Wohlstand. Mit den ab 1933 beginnenden Repressionen verschlechtert sich diese Situation. Den jüdischen Geschäften wird durch Boykottmaßnahmen und andere Drangsalierungen systematisch die wirtschaftliche Grundlage entzogen. So muss die Familie Moritz Wolff das Haus in der Osterstraße 27 verlassen und zieht am 1.08.1937 in die Wallstraße 4 zu Jenny Wolff geb. Plaut, der Witwe von Iwan Moses Wolff, einem Bruder und Geschäftspartner von Moritz Moses Wolff. Der ist einige Monate zuvor am 19.04.1937 verstorben. Jenny ist eine Schwester von Frieda Plaut verh. Donner.
 Das Foto entstand auf Wangerooge und zeigt von links oben Moritz Moses Wolff (?), daneben Lilli Wolff geb. Donner, darunter Tochter Rita, darunter Julius und Adolf Donner. Die beiden hatten in Hamburg ein Porzellangeschäft. (Foto ca. 1937)
Da der Druck auf die jüdische Bevölkerung immer weiter zunimmt, entschließen sich Moritz und Lili, ihre ältere Tochter in die USA ausreisen zu lassen. Lt. Meldekarte verlässt Rita Wolff Aurich am 21.09.1937 im Alter von 15 Jahren. Am 22.09.1937 fährt sie mit der „SS Manhattan“ ab Hamburg nach New York. Sie wird begleitet von Lilis Bruder Hermann Donner und seiner Frau Frieda geb. Plaut (s. Foto). Ihr Ziel ist ein Onkel W. Baumgarten in San Francisco (2127 Broadway oder 522-530 Clay Street). Später zieht sie zu ihrer Tante Rosalie Moses Wolff, der ältesten Schwester ihres Vaters, und deren Mann Wolff „Willy“ David Wolff (bei geni.com wird sie als deren Tochter geführt!). Die beiden sind am 17.11.1938 aus Deutschland in die USA geflohen. Willy Wolff verstirbt am 13.01.1965 in Cleveland, Ohio.
Zunächst können wir wenig über Ritas Leben in den USA herausfinden, bis uns eine Nichte von Rita (Tracey Gluck) einige Informationen geben kann. Rita heiratet Lloyd Corwin (verstorben 2010), einen Kriegsveteranen aus dem II. Weltkrieg.
Die beiden haben zwei Kinder, Leni und Miles, und leben die meiste Zeit in Los Angelos, zunächst am Stadtrand in der Skid Row in einem Hotel, das Loyds Vater gehört. Miles Corwin ist ein renommierter Schriftsteller, dessen Bücher auch in deutscher Sprache verlegt wurden. Er schrieb 20 Jahre für die „Los Angeles Times“.
Viele Familienmitglieder und Geschwister von Lili und Moritz Wolff können wohl aufgrund ihrer finanziellen Situation rechtzeitig aus Deutschland ausreisen. Warum das bei den Eltern von Rita, Lili und Moritz Wolff, und ihrer Schwester Ingrid nicht so ist, konnten wir nicht herausfinden.
Eine Internierung im KZ Sachsenhausen nach der Reichspogromnacht am 9.11.1938 ist aufgrund seines Alters (er war zu diesem Zeitpunkt 48 Jahre alt) wahrscheinlich, aber nicht belegt.
Als alle jüdischen Bürger Anfang 1940 endgültig Aurich verlassen müssen, gehören Moritz und Lili Wolff zu den letzten, die die Stadt verlassen, bevor Aurich „judenfrei“ erklärt wird. Sie ziehen am 4.03.1940 nach Essen, ihre Tochter Ingrid schon vorher nach Köln. In Essen kommt das Ehepaar in der Schutzwehr 24 unter. Das Haus, ursprünglich jüdischer Privatbesitz (Sanitätsrat Dr. Louis Hammerschlag), wird ab 1940 als „Judenhaus“ genutzt, um zuziehende jüdische Familien unterzubringen.
Als die Deportationen nach Osten beginnen, werden auch Moritz und Lilly Wolff mit ihrer Tochter Ingrid am 27.10.1941 ab Düsseldorf in das Ghetto Lodz/Litzmannstadt deportiert. Der Transport umfasst 1.003 Personen; Moritz, Lilly und Ingrid Wolff finden sich auf der Transportliste (Nr. 249, 259, 251) und auch auf der „Eingangsliste Litzmannstadt“ (Nr. 976, 977, 979). Litzmannstadt ist nach dem Warschauer Ghetto das zweitgrößte. Es dient als Zwischenstation vor der Deportation unter anderem in die Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno. Im Ghetto Litzmannstadt, in dem die Bewohner unter unmenschlichen Lebensbedingungen litten und schon dort massenhaft an Krankheiten sterben, stirbt auch Moritz Moses Wolff am 8. Mai 1942 im Alter von 52 Jahren.
Lili Wolff wird im September 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno deportiert und dort im gleichen Monat ermordet. Sie wird 53 Jahre alt.
 Ingrid Wolff, 9.01.1939 – Foto der Kennkarte, NLA Aurich
Zwei Jahre später wird ihre Tochter Ingrid ebenfalls in das Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno deportiert und dort am 6. Juli 1944 im Alter von 16 Jahren ermordet. |