Abraham Selly Wolff

Veröffentlicht: 28. Januar 2010 von westermayer in Verlegung

Abraham Selly WOLFF
geboren am 27. Juni 1903 in Aurich

Straße: Lilienstr. 9
Todesdatum: überlebt
Todesort:

Abraham Selly Wolff 1939 (Foto der Kennkarte, StA Aurich)

Abraham Selly Wolff 1943 (Foto der Application for Registration)

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Abraham wird am 27. Juni 1903 geboren als Sohn des Ehepaares Henriette Wolff geb. Von der Walde und Selke Levy Wolff, genannt Selly Wolff.  Abraham ist das 7. von insgesamt 12 Kindern des Ehepaares. Er hat einen Zwillingsbruder Isidor, der allerdings als Kind mit 6 Jahren verstirbt. Sein Vater wird 67 Jahre alt und stirbt am 23. August 1930 ohne die Greul der Hitlerzeit zu erleben.

Am 30.02.1940 muss seine Mutter Henriette das Haus „aus sicherheitspolizeilichen Gründen“ verlassen und zieht mit zwei Töchtern nach Weimar. Minna und Abraham haben Aurich zu dieser Zeit schon verlassen. Das Haus Lilienstraße 9 wird noch im selben Jahr zwangsversteigert.
Henriette Wolff wird am 10. März 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt im Alter von 68 Jahren ermordet.

Für sie und sechs ihrer Kinder Rosa Grünberg geb. Wolff, Alma und Magnus Wolff, Gerda Selli Jakobs, Jakob Wolff und Ilse Gutmann geb. Wolff wurden bereits am 9. November 2012 in der Lilienstraße Stolpersteine verlegt. Für zwei weitere Geschwister von Abraham und Minna und deren Familien liegen Stolpersteine an der Leerer Landstraße 18 (Karoline Wolff geb. Wolff) und im Krähennestergang 1 (Eva van der Wall geb. Wolff).

Nur drei der insgesamt 12 Kinder überleben den Holocaust. Minna und Abraham sind zwei davon, der Bruder Ludwig ist der dritte Überlebende.

Bereits seit 1926 ist Abraham als Schlachter und Viehhändler in der Lilienstraße 9 aufgelistet und übernimmt, als der Vater 1930 stirbt, zusammen mit seinen beiden Brüdern Magnus und Ludwig Wolff die Geschäfte.
Nach der Reichspogromnacht wird er am 10. November 1938 zusammen mit 41 anderen Männern aus Aurich im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert. Dort wird er schwer misshandelt (eine Niere wird zerschlagen) und darf erst nach 6 Wochen am 23.12.1938 nach Aurich zurückkehren.

Am 12.10.1939 verlässt Abraham Wolff Aurich und zieht nach Güstrow in Mecklenburg Vorpommern. Dort heiratet er Margot Becker (* 15.07.1908 in Röbel/Waren/Mecklenburg) und hat mit ihr einen Sohn namens Denny. Sie wohnen in der Hansenstr. 1 in Güstrow. Seinen Sohn hat Abraham nie gesehen, da er aus Deutschland flüchtet. Vermutlich wollte er wie viele jüdische Männer, seine Familie nachholen. Doch dazu kam es nicht mehr. Seine Frau und der Sohn werden am 10.07.1942 in Ludwigslust interniert und am 11. Juli 1942 bei einem Zwischenstopp in Ludwigslust in einen Zug aufgenommen (s. Transportliste), der ab Bielefeld (10.07.1942) über Hamburg nach Ausschwitz fährt. Sie werden als Opfer des Völkermordes für tot erklärt. Ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt.

Im Jahr 1942 werden auch 6 von Abrahams Geschwistern und seine Mutter Henriette getötet, außerdem die Ehemänner und Ehefrauen seiner Geschwister und deren Kinder, die zum Teil noch nicht einmal geboren waren: durch Bombenangriffe, Erschießungen oder Ermordung in Ausschwitz.

Abraham Wolff flieht 1940 zunächst nach England. Am 12.05.1940 beginnen die Engländer damit, männliche  Bürger der Feindländer zu internieren. Am 26.05.1940 wird auch Abraham Wolff aufgegriffen und zunächst im Kitchener Camp, Richborough, Kent interniert (s. u. Report – Australian Military Forces v. 14.11.1940) und dann zwangsweise in einem Truppentransporter nach Australien verschifft. Am 6.09.1940, nach 57 Tagen, kommt er in Sydney, Australien an und muss  zunächst im Internment Camp Hay leben. Die meisten Insassen dort waren Juden. Mit der HTM Dunera werden 2.542 Männer („feindliche Ausländer“) – unter ihnen auch Abraham Wolff – zwangsweise nach Australien verschifft. An Bord ist auch Max Cohen (*7.11.1920) aus Aurich. Die Zustände an Bord sind grausam und unmenschlich – eine Qual für die Menschen, die gerade erst dem Naziterror entflohen waren. Die Britische Regierung muss sich später für diese Behandlung der Flüchtlinge („Dunera Boys“) entschuldigen.
Im May 1941 können die Häftlinge das Hay Camp verlassen. Etwa Hälfte dieser Internierten (900) bleibt später in Australien und ist dort gut integriert. Abraham Wolff verlässt das Camp Hay am 26.05.1941, lebt danach bis zum 24.02.1943 im Camp Tatura (Victoria)  und stellt schließlich von Orrvale, Shepparton aus (nördl. Melbourne) am 26.02.1943 einen Einbürgerungsantrag (s. u.).

Nach den Angaben der Schwester Minna, zieht diese im Jahr 1952 nach Australien zu ihrem Bruder Abraham, um ihn zu pflegen, da er durch die Misshandlungen in der Nazizeit gesundheitlich schwer angeschlagen ist. Zwei Jahre leben die Geschwister zusammen in Australien bis Abraham Wolff Ende 1954 (oder im Januar 1955 – Angaben der Schwester) in Melbourne verstirbt.

Recherche: Schüler der BBS II/Hans-Jürgen Westermayer
Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 19.10.2017)
Foto:  – Report on Internee v. 14.11.1940 (s. u.) – Einwanderungsdatenbank Australien
– Application for Registration v. 26.02.1943 (s. u.) – Einwanderungsdatenbank Australien
Opfergruppe: Juden
Quellen: – Briefe Minna Wolff an Johannes Diekhoff v. 10.02.1979 und 17.03.1983 http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_420710.html (Deportation 10.7.1942)
– Kitchener Camp: https://www.wienerlibrary.co.uk/The-Kitchener-Camp-for-Refugees
– Einwanderungsdatenbank Australien: https://recordsearch.naa.gov.au/SearchNRetrieve/Interface/ListingReports/ItemsListing.aspx– HTM Dunera: https://de.wikipedia.org/wiki/HMT_Dunera
Literatur:
Patenschaft: BBS II BFS Bautechnik
Verlegetermin: 21. Oktober  2016

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