Auguste Hildegard Wolff geb. Simson

Veröffentlicht: 1. Februar 2010 von westermayer in Verlegung

Auguste Hildegard WOLFF geb. Simson
geboren am 4. November 1906 in Mettmann

Straße: Große Mühlenwallstr. 34 (früher: Ostertorplatz 14)
Todesdatum: Unbekannt, Deportation nach Auschwitz am 12.03.1943
Todesort: Auschwitz
Hildegard Auguste Simson wird am 4. November 1906 in Mettmann im Kreis Mettmann geboren. Hildegard Simson ist Tochter von Hugo Simson (*17.09.1863) und Henrietta Simson geb. Mayer (*10.03.1880). Ihr Vater, ein Viehhändler und Metzger, ist relativ wohlhabend und ein angesehener Bürger der Stadt, der sogar Mitglied im Rat der Stadt war.

Familie Hugo Simson mit den Kindern Wilhelm Feodor, Gustav, Fanny und Hildegard Auguste (der späteren Ehefrau von Ludwig Wolff (*1899). Ca. 1915

Er stirbt am 29.01.1929. Hildegard hat drei ältere Geschwister (Wilhelm Feodor Simson *1902, Gustav Simson *1903 und Fanny Simson *1905, die alle Opfer des Völkermordes an den Juden wurden und für die Stolpersteine in Mettman, Goethestraße (früher: Pfingstgarten 288) verlegt sind. Ihre Mutter wird am 1.03.1943 zusammen mit ihrem damals 15 Jahre alten Enkelsohn Sally Ludwig nach Auschwitz deportiert.

Am 18.08.1926 heiratet Hildegard Auguste den Auricher Ludwig. Ludwig Wolff wird im Jahr 2.07.1899 als viertes von zwölf Kindern seiner Eltern Henriette und Selly Wolff geboren. Die Familie lebt in der Lilienstr. 9. Dort wurden bereits mehrere Stolpersteine verlegt. Von den zwölf Kindern überleben nur drei den Völkermord.

Ludwigs Vater, Selly Wolff, war ein nicht nur in der Stadt Aurich, sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus  bekannter und geachteter Viehhändler und Schlachter, der regelmäßig in den „Ostfriesischen Nachrichten“ sein „Ausstellungs- Fleisch, Das Beste vom Besten“ annoncierte. Selly Wolff verstirbt im Jahr 1930. Seine Söhne Ludwig , Magnus und Abraham, die schon 1926 als Schlachter und Viehhändler in der Lilienstraße 9 aufgelistet  werden, führen das Geschäft ihres Vaters unter seinem Namen  weiter.

Das junge Paar Ludwig und Hildegard Wolff zieht zunächst für einige Jahre in die Leererstr. 32. Im Jahr 1928 wird ihr Sohn „Hans“ Sally Ludwig geboren, ein Jahr später ihre Tochter  Helga. Im Jahr 1932 zieht die Familie in die Georgstr. 39, zwei Jahre später zum Ostertorplatz 14. Hier ist ihr letzter frei gewählter Wohnort, an dem wir heute die Steine verlegen.  Als die Lebensbedingungen für die jüdische Bevölkerung immer schwieriger werden, muss Ludwig Wolff mit seiner Frau und den beiden Kindern im Juli 1938 zu seiner Tante Hedwig Wolff in die Lilienstr. 9 ziehen (s. unten 1). Dieses Haus war zu einem „Judenhaus“ geworden.

Als in der Reichspogromnacht die Auricher Juden in der Bullenhalle zusammengetrieben  werden, ist Ludwig Wolff mit Sicherheit auch dabei. Auch von seiner Internierung in Sachsenhausen ist auszugehen. Nach diesen Erfahrungen bleibt für ihn und seine Familie nur die Hoffnung auf eine Flucht aus Deutschland.

Am 25.07.1939 zieht die Tochter Helga Wolff im Alter von knapp 10 Jahren allein nach England, vermutlich mit einem „Kindertransport“. Einen Monat später (30.08.1939) flüchtet ihr Vater Ludwig Wolff ebenfalls nach England. Vermutlich wollte er – wie bei vielen jüdischen Familien, die die Flucht planten –  den Nachzug von Frau und Sohn vorbereiten. Durch den Beginn des Krieges wenige Tage nach seiner Flucht wird dieses verhindert. Die Familie bleibt getrennt.

Im Februar 1940 wird Hildegard Wolff – ebenso wie die letzten noch in Aurich verbliebenen jüdischen Bürger – gezwungen,  mit ihrem Sohn die Stadt zu verlassen. Sie zieht nach Berlin zu ihrer Mutter Henriette Simson (Kreuzberg, Skalitzerstr. 20). Dort muss sie vermutlich wie die meisten anderen Juden Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion leisten.
Nach den Beschlüssen der Wannseekonferenz  beginnen die Judendeportationen nach Osten. Anfang 1943 werden in einer reichsweiten Aktion sämtliche noch in den Rüstungsbetrieben beschäftigte Juden von ihren bisherigen Arbeitsstätten entfernt. Sie sollen für den Arbeitseinsatz im Buna-Werk nach Auschwitz deportiert werden.
Der erste im Rahmen der sog. „Fabrikaktion“ aus Berlin abgehende Transport vom 1.März 1943 war zugleich der 31. Osttransport. Von den 1.736 Deportierten werden am nächsten Tag in  Auschwitz 677 als arbeitsfähig registriert. Die übrigen 1.059 Männer, Frauen und Kinder werden demnach sofort ermordet. Unter den Opfern ist auch Sally Ludwig Wolff (Nr. 697), der zusammen mit seiner Großmutter Henriette Simson (Nr. 696), aber getrennt von seiner Mutter, mit diesem Transport nach Auschwitz deportiert und im Alter von knapp 15 Jahren dort ermordet wird.
Zwei Wochen später wird auch seine Mutter, Hildegard Wolff, nach Auschwitz deportiert (Nr. 936).  Von den 964 deportierten Juden werden nur 218 Männer und 147 Frauen zum Arbeitseinsatz eingeteilt. Wir wissen nicht, ob auch Hildegard Wolff – damals 37 Jahre alt – noch zum Arbeitseinsatz eingeteilt wurde. Es ist davon auszugehen, dass auch sie in Auschwitz ermordet wurde.

Ihrem Ehemann Ludwig Wolff gelingt es über viele Umwege zusammen mit seiner bei Kriegsende 16 Jahre alten Tochter Helga von England in die USA nach Kalifornien auszuwandern (Brief Minna Wolff  an Johannes Diekhoff v. 16.03.1982). Seine Schwester Minna Wolff, die sich vor der Verfolgung in die Schweiz retten konnte, zieht 1955 zu ihrem Bruder Ludwig und sorgt sich um ihn, nachdem sie schon zuvor ihren Bruder Abraham in Australien gepflegt hatte. Ludwig Wolff stirbt 1971 an seinem 72. Geburtstag in Lakewood, Kalifornien.

Seine Tochter lebt ebenfalls in Kalifornien. Über ihr Leben dort konnten wir bisher nichts in Erfahrung bringen.

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1) In einem  Verzeichnis vom 27.06.1939 (Der Bürgermeister Aurich des bei jüdischem Hauseigentum vorhandenen Wohnraums) ist folgendes aufgelistet:)

„Lilienstraße 12, Hauseigentümer: Abraham Levy Wolff, Witwe, Beilen/Holland
Zweifamilienhaus
Zahl der Wohnräume:
Erdgeschoß 2 Küchen und 6 Zimmer
1. Stock            2 Küchen und 5 Zimmer
Hausboden 2 Zimmer und Wohnraum

Zur Zeit benutzt:
1) Karl Wolff:  1 Küche und 3 Zimmer (Erdgeschoß)
2) Ludwig Wolff: 1 Küche und 3 Zimmer (Erdgeschoß)
3) Libmann Knurr: 1 Küche und 4 Zimmer (1. Stock)
4) Abraham Wolff u. Hermann Alsberger: 1 Küche
5)  Nachmon und Jakob Wolff: Hausboden

Zahl der Hausangehörigen: 16
a) Erwachsene:       16
b) Kinder:     2
c) Untermieter:        —
Jude oder Nichtjude: Juden
Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit.

Ist die Aufnahme weiterer Personen möglich?     Nein“

Recherche und Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 3.01.2018)
Foto:
Opfergruppe: Juden
Quellen: http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot36.html
http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot31.html
https://www.geni.com/people/Auguste-Hildegard-Simson/6000000031176093406
Literatur: – Gudrun Wolfertz, Mettmann, Die Reihe Archivbilder, Erfurt 2008, S. 56
Patenschaft: Reinhard Warmulla
Verlegetermin: 23. Oktober 2017

 

 

 

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