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Ludwig Wolff wird im Jahr 1899 als viertes von zwölf Kindern seiner Eltern Henriette und Selly Wolff geboren. Die Familie lebt in der Lilienstr. 9. Dort haben wir bereits mehrere Stolpersteine verlegt. Von den zwölf Kindern überleben nur drei den Völkermord.Ludwigs Vater, Selly Wolff, war ein nicht nur in der Stadt Aurich, sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannter und geachteter Viehhändler und Schlachter, der regelmäßig in den „Ostfriesischen Nachrichten“ sein „Ausstellungs- Fleisch, Das Beste vom Besten“ annoncierte.
Kalli Gramberg erzählt im 3. Band seiner Rückblicke auf die Auricher Geschichte über den Schlachter Selly Wolff folgende Anekdote: „Als seine vielen Kinder noch klein waren, saßen sie oft auf den Steinen des Bürgersteigs. Selly rief: “Jonni, Luti, Abi „(usw.)“wollt ihr wohl mit de blode Moors von de kalte Schteine ab!“ Selly Wolff verstirbt im Jahr 1930. Seine Söhne Ludwig , Magnus und Abraham, die schon 1926 als Schlachter und Viehhändler in der Lilienstraße 9 aufgelistet werden, führen das Geschäft ihres Vaters unter seinem Namen weiter.
 Familie Hugo Simson mit den Kindern Wilhelm Feodor, Gustav, Fanny und Hildegard Auguste (der späteren Ehefrau von Ludwig Wolff (*1899). Ca. 1915
Ludwig Wolff heiratet im Jahr 1926 Hildegard Augusta Simson aus Mettmann im Kreis Mettmann. Das liegt zwischen Düsseldorf und Wuppertal. Hildegard Simson ist Tochter von Hugo und Henrietta Simson. Ihr Vater, ein Viehhändler und Metzger, war relativ wohlhabend und ein angesehener Bürger der Stadt, der sogar Mitglied im Rat der Stadt war. Hildegard hat drei ältere Geschwister, die alle Opfer des Völkermordes an den Juden wurden.
Das junge Paar Ludwig und Hildegard Wolff zieht zunächst für einige Jahre in die Leererstr. 32. Im Jahr 1928 wird ihr Sohn „Hans“ Sally Ludwig geboren, ein Jahr später ihre Tochter Helga.
Im Jahr 1932 zieht die Familie in die Georgstr. 39, zwei Jahre später zum Ostertorplatz 14. Hier ist ihr letzter frei gewählter Wohnort, an dem wir heute die Steine verlegen. Als die Lebensbedingungen für die jüdische Bevölkerung immer schwieriger werden, muss Ludwig Wolff mit seiner Frau und den beiden Kindern im Juli 1938 zu seiner Tante Hedwig Wolff in die Lilienstr. 9 ziehen (s. unten 1). Dieses Haus war zu einem „Judenhaus“ geworden.
Als in der Reichspogromnacht die Auricher Juden in der Bullenhalle zusammengetrieben werden, ist Ludwig Wolff mit Sicherheit auch dabei. Auch von seiner Internierung in Sachsenhausen ist auszugehen. Nach diesen Erfahrungen bleibt für ihn und seine Familie nur die Hoffnung auf eine Flucht aus Deutschland.
Ende Juli 1939 zieht die Tochter Helga Wolff im Alter von knapp 10 Jahren allein nach England, vermutlich mit einem „Kindertransport“. Einen Monat später flüchtet ihr Vater Ludwig Wolff ebenfalls nach England. Vermutlich wollte er – wie bei vielen jüdischen Familien, die die Flucht planten – den Nachzug von Frau und Sohn vorbereiten. Durch den Beginn des Krieges wenige Tage nach seiner Flucht wird dieses verhindert. Die Familie bleibt getrennt.
Im Februar 1940 wird Hildegard Wolff – ebenso wie die letzten noch in Aurich verbliebenen jüdischen Bürger – gezwungen, mit ihrem Sohn die Stadt zu verlassen. Sie zieht nach Berlin zu ihrer Mutter Henriette Simson (Kreuzberg, Skalitzerstr. 20). Dort muss sie vermutlich wie die meisten anderen Juden Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion leisten.
Nach den Beschlüssen der Wannseekonferenz beginnen die Judendeportationen nach Osten. Anfang 1943 werden in einer reichsweiten Aktion sämtliche noch in den Rüstungsbetrieben beschäftigte Juden von ihren bisherigen Arbeitsstätten entfernt. Sie sollen für den Arbeitseinsatz im Buna-Werk nach Auschwitz deportiert werden.
Der erste im Rahmen der sog. „Fabrikaktion“ aus Berlin abgehende Transport vom 1.März 1943 war zugleich der 31. Osttransport. Von den 1.736 Deportierten werden am nächsten Tag in Auschwitz 677 als arbeitsfähig registriert. Die übrigen 1.059 Männer, Frauen und Kinder werden demnach sofort ermordet. Unter den Opfern ist auch Sally Ludwig Wolff (Nr. 697), der zusammen mit seiner Großmutter Henriette Simson (Nr. 696), aber getrennt von seiner Mutter, mit diesem Transport nach Auschwitz deportiert und im Alter von knapp 15 Jahren dort ermordet wird.
Zwei Wochen später wird auch seine Mutter, Hildegard Wolff, nach Auschwitz deportiert (Nr. 936). Von den 964 deportierten Juden werden nur 218 Männer und 147 Frauen zum Arbeitseinsatz eingeteilt. Wir wissen nicht, ob auch Hildegard Wolff – damals 37 Jahre alt – noch zum Arbeitseinsatz eingeteilt wurde. Es ist davon auszugehen, dass auch sie in Auschwitz ermordet wurde.
Ihrem Ehemann Ludwig Wolff heiratet am 26.04.1947 in zweiter Ehe Hedwig Schlotterer (geb. 1.07.1904 in Wien. Ende März 1949 gelingt es ihnen zusammen mit seiner bei Kriegsende 16 Jahre alten Tochter Helga an Bord der „Queen Mary“ von England in die USA nach Kalifornien auszuwandern (Brief Minna Wolff an Johannes Diekhoff v. 16.03.1982). Seine Schwester Minna Wolff, die sich vor der Verfolgung in die Schweiz retten konnte, zieht 1955 zu ihrem Bruder Ludwig und sorgt sich um ihn, nachdem sie schon zuvor ihren Bruder Abraham in Australien gepflegt hatte. Ludwig Wolff stirbt 1971 an seinem 72. Geburtstag in Lakewood, Kalifornien.
Seine Tochter Helga lebt ebenfalls in Kalifornien. Sie heiratet am 17.06.1951 in Reno, Washoe, County Nevada, den ebenfalls aus Aurich (Kirchdorf-Westerfeld) geflohenen Siegfried Wolff (geb. 11.10.1900), ein Bruder von Senta Wolff (geb. 30.06.1903), für die am 24.06.2021 ein Stolperstein verlegt wurde. Sie haben eine Tochter, Helen Emilie Wolff (geb. 19.09.1952). Nach dem Tod von Siegfried ist Helga noch dreimal verheiratet. Sie stirbt in Los Angeles am 5.09.2003.
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1) In einem Verzeichnis vom 27.06.1939 (Der Bürgermeister Aurich des bei jüdischem Hauseigentum vorhandenen Wohnraums) ist folgendes aufgelistet:)
„Lilienstraße 12, Hauseigentümer: Abraham Levy Wolff, Witwe, Beilen/Holland
Zweifamilienhaus
Zahl der Wohnräume:
Erdgeschoß 2 Küchen und 6 Zimmer
1. Stock 2 Küchen und 5 Zimmer
Hausboden 2 Zimmer und Wohnraum
Zur Zeit benutzt:
1) Karl Wolff: 1 Küche und 3 Zimmer (Erdgeschoß)
2) Ludwig Wolff: 1 Küche und 3 Zimmer (Erdgeschoß)
3) Libmann Knurr: 1 Küche und 4 Zimmer (1. Stock)
4) Abraham Wolff u. Hermann Alsberger: 1 Küche
5) Nachmon und Jakob Wolff: Hausboden
Zahl der Hausangehörigen: 16
a) Erwachsene: 16
b) Kinder: 2
c) Untermieter: —
Jude oder Nichtjude: Juden
Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit.
Ist die Aufnahme weiterer Personen möglich? Nein“ |