Familie Erich Knurr

Veröffentlicht: 7. Februar 2010 von westermayer in Verlegung

Erich KNURR
geboren am 27. Juni 1900 in Aurich

Melanie KNURR geb. NUSSBAUM
geboren am 22. März 1910 in Mainstockheim

Dr. Werner KNURR
geboren am 29. Januar 1936

Straße: Norderstr. 2
Todesdatum: Überlebt, Flucht in die USA 1938
Todesort:

Erich Knurr ca. 1935

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Dr. Werner Knurr war mit seiner Frau Goldie bei dem ehrenden Gedenken seiner Familie, bei der Stolpersteinverlegung, zugegen. Er hielt eine beindruckende und anschauliche Ansprache, die Sie hier im Original auf Englisch oder in der deutschen Übersetzung lesen können. Hier finden Sie einen Bericht von der Verlegung am 23.10.2017.

Lippmann Knurr

Ida Knurr geb. Bienheim

Erich Knurr wird am 27.6.1900 geboren. Seine Eltern sind Lippmann Knurr (2.8.1859) und Ida Knurr geb. Bienheim (7.9.1872). Seine Mutter wurde in Duingen bei Ahlfeld, Hannover geboren. Erich  hat 6 Geschwister, Harry, Hermann, Lea, Gertrud, Theresa und Gerta. Theresa und Gertrude sterben im Kleinkindalter. Die  jüngste Gerta stirbt im Alter von 24 Jahren an einer Lungenentzündung.

Nathan Nussbaum

Rosa Nussbaum geb. Strupp

Melanie Nussbaum wird am 22.3.1910 geboren. Ihre Eltern sind Nathan Nussbaum und Rosa Strupp. Ihr Vater betreibt einen Viehhandel in Mainstockheim (zur jüdischen Gemeinde dort s. u.), einer Gemeinde in Unterfranken, Bayern.  Er litt an Diabetes.  Als er sich bei einem Unfall verletzte, starb er im Alter von 58 Jahren an den Folgen einer Blutvergiftung.  Mutter Rosa war an Tuberkulose erkrankt. Aufgrund der TBC gab es keine Küsschen zwischen Mutter und Tochter Melanie. Einige Jahre, nach dem frühen Tod der Mutter,  lebte Melanie bei ihrem Schwager in Heilbronn. Melanie war die jüngste von insgesamt sechs Geschwistern: Walter, Saul, Recha, Lena und Jessie. Sie flüchteten alle vor den Nazis in die USA.

Melanie und Erich Knurr

Anzeige in der „Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs“ vom 1. März 1935

Erich heiratet Melanie Nussbaum am 5. 3.1935 in Hannover. Ihr erstes Kind Werner wird am 29. Januar 1936 in Aurich geboren.

Die Familie Knurr waren eine angesehene und integre Familie sowohl in der jüdischen Gemeinde, als auch in der Stadt Aurich.

Hochzeitsfeier Erich und Melanie Knurr – Vorne links Harry Knurr, rechts neben dem Brautpaar: Henny und Lippmann Knurr

Harry und Erich Knurr haben beide im 1. Weltkrieg gedient. Erich arbeitet mit seinem Bruder Hermann im elterlichen Manufactur- und Confektionsgeschäft H.C. Knurr, das der Familie auch als Wohnhaus dient. Zusammen mit seinem unverheirateten Bruder Abraham Joseph Heimann hatte sein Vater Lippmann das Geschäft gegründet auf den Namen Heimann Calmann Knurr, dem Vater der beiden Brüder. Im Haushalt lebte auch Erichs Tante Henny, die eine ältere Schwester von Ida war und den älteren Abraham  geheiratet hatte. Sie blieb kinderlos, war aber eine wertvolle Hilfe im Haushalt der Familie, als Erichs Mutter Ida zunehmend erkrankte.

Nach dem frühen Tod von Ida,  die 1927 im Alter von 54 Jahren nach langer Krankheit stirbt, werden Erich und Hermann Teilhaber des Geschäfts.

Geschäfts- und Wohnhaus der Familie Knurr

Die Brüder führten das Geschäft erfolgreich mit ihrem Vater Lippmann Knurr. Neben Damen-, Herren- und Kinderbekleidung verkauft die Familie Knurr Pelze, Teppiche, Gardinen, Federn, Kurzwaren und Stoffe. Erichs älterer Bruder Harry gründet ein Geschäft in Leer.

Ab 1933 ist die Familie zunehmenden Repressionen und Unmenschlichkeiten der Nazis ausgesetzt und in ihrer Existenz bedroht. Vor dem Haus werden zuletzt Wachposten der Polizei aufgestellt, um das Einkaufen der Bevölkerung zu verhindern.

Melanie und Werner Knurr

Erich Knurr

Nachdem die jüngere Schwester Lea mit ihrem Mann, dem Kaufmann  Erich Sternberg und ihrem noch unverheirateten Bruder Hermann 1936 in die USA flüchteten, reift auch bei Erich und Melanie Knurr der Gedanke, dass die Flucht der einzige Weg ist dem Terror zu entkommen. 1938 verabschieden sich Erich von seinem Vater und seiner Tante Henny und es beginnt die Odyssee von Flucht und Verfolgung, begleitet von Hindernissen und mit Ängsten, über Holland, Belgien und Frankreich. Sie verlassen ihr Leben in Aurich mit dem fast dreijährigen Sohn Werner und erreichen New York mit dem Schiff am 27. Oktober 1938. Erich ist 38 und Melanie 28 Jahre alt.
Auch der älteste von Erichs Geschwistern Harry hatte seine Flucht nach den Erfahrungen der Progromnacht am 9. November 1939 mit seiner Familie  in die USA angetreten.

Erichs Vater Lippmann, jetzt 80 Jahre alt bleibt mit seiner ebenfalls verwitweten Schwägerin Henny in Aurich. Er kann nicht glauben, dass man ihm in seinem Alter noch etwas antun wird. Doch er wird gezwungen Aurich zu verlassen und muss sein Geschäft aufgeben und unter Wert verkaufen. Ihre letzte Adresse ist die Lilienstraße 12 bei Hedwig Wolff.  Lippmann Knurr und seine Schwägerin Henny Knurr ziehen aus Aurich am 29. Februar 1940 zu Verwandten nach Bremen. In Bremen wird Lippmann Opfer  grausamer gewalttätiger Übergriffe von Nazischlägern und stirbt am 3. März 1942 in Bremen an den Folgen der Misshandlung.  Henny wird am 23.September 1943 im Alter von 78 Jahren im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

Familie Knurr – Werner, Erich, Melanie, Evelyn

Erich Knurr hat einen Neuanfang in den USA unter schweren und aufreibenden Bedingungen begonnen und sich eine berufliche Existenz aufgebaut.  1943 bekam das Paar ihr 2. Kind namens Evelyn Gerta. 1942 erreichte Erich die traurige Nachricht des DRK über den Tod seines Vaters Lippmann.

Bereits mit 50 Jahren hatte Erich einen ersten Herzinfarkt. 1945 gründete Erich Knurr zusammen mit einem 2.Teilhaber ein Geschäft. Er arbeitete rund um die Uhr.

Melanie und Erich Knurr

1964 verstarb Erich im Alter von 63 Jahren. Etwa zwei Jahre nach seinem Tod erlitt Melanie Knurr einen schweren Schlaganfall. Sie lebte noch 13 Jahre in einem Pflegeheim und starb 1977 im Alter von 67 Jahren. Erich und Melanie Knurr liegen in Montgomery, Alabama begraben.

Werner Knurr wurde Arzt und ist seit 1988 mit Goldie Knurr verheiratet. Werner hat aus 1. Ehe vier Kinder, drei Söhne und eine Tochter. Der Sohn Erich Lippmann Knurr, nach dem Vater und Großvater benannt, starb schon im Alter von 49 Jahren. Zweimal war Werner als Captain der US-Air Force in Deutschland.

Werner und Goldie Knurr

1977 reiste er nach Aurich, um seiner Familie den Herkunftsort seiner Familie zu zeigen. Werner Knurr war 37 Jahre als Radiologe tätig und ging mit 70 Jahren in Rente.
Goldie hat zwei Kinder, von denen eines in der Israelischen Armee dient. Sie hatten sieben Enkelkinder, von denen eines, Joshua, im Alter von zehn Monaten starb.
Werners Schwester Evelyn starb 2013 im Alter von 70 Jahren in Harrisburg, Pennsylvania.

Für das Birmingham Holocaust Education Centre (Birmingham, Alabama, USA) hat Dr. Werner Knurr die Geschichte seiner Familie erzählt. Hier kann man ihm zuhören.
Holocaust survivor Dr. Werner Knurr joins BHEC archivist Rachel Lopez to tell the story of his family’s escape from Nazi Germany through the rare and unique collection of artifacts he has generously donated to BHEC. From a comfortable life in Aurich, Germany, to hardships endured under the Nuremberg Laws, and finally to building a new life in Montgomery, Alabama, there is much to be learned from the Knurr family’s experiences.


Dr. Werner Knurr schickte uns diese Information über die jüdische Gemeinde in der Geburtsstadt seine Mutter:
„Mainstockheim
  Lower Franconia. Jews are first mentioned in 1594. In 1771 refugees from Kitzingensettled there. The Jewish population reached a peak of 212 in 1837 (total 1.374) with a synagogue built in 1836. Jews engaged mainly in the wine trade. From the late 19th century the Jewish population declined steadily, dropping to 74 in 1933. A local ordinance in 1933 banned nonresident Jews from entering the village and in 1934 local agitators called for the expulsion of resident Jews. On Kristallnacht (9-10 November 1938), SA troops and local residents vandalized the synagogue. During 1938, 13 Jews left the village, 12 for the United States; another 13 left in 1939. Of those remaining, 27 were deported to Izbica in the Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 24 March 1942 an another four to the Theresienstadt ghetto.“

Article from „The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust“.
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Am 23. Oktober 2017 besuchten Goldie und Werner zusammen mit Freunden Tom und Jeanette Eilers aus Carbondale / Colorado erneut Aurich und nahmen an der Verlegung der drei Stolpersteine für die Familie teil. Dabei entstanden die nun folgenden Fotos.

Treffen am Vorabend der Verlegung im Hotel Am Schloss: Werner und Christiane Meissner

Werner mit Günther Lübbers

Werner und Brigitte Weber

Dr. Werner Knurr

Goldie Knurr

v.l. Goldie Knurr, Carol Kain, Werner Knurr, Maureen Kavalar, Gary Kavalar, Howard Kain, Gunter Demnig und Tito Wolff vor dem Hotel „Hochzeitshaus“

Das ehemalige Geschäftshaus der Familie Knurr in der Norderstraße 2 / Ecke Marktstraße.

Dr. Werner Knurr bei der Verlesung seiner Ansprache während der Stolpersteinverlegung. Den Schirm hält Irmtraut Schulze-Rodenberg.

Nun liegen insgesamt acht Stolpersteine vor dem Haus Norderstraße 2, in dem sich jetzt die Firma Hörgeräte Isermann GmbH befindet.

Besuch auf dem jüdischen Friedhof beim Grabstein von Lippmann und Ida Knurr geb. Bienheim.

Rita Isermann-Claaßen zeigt Werner die Räume im Dachgeschoss, welche früher von der Familie Knurr bewohnt wurden.

Besuch der Stelen auf dem Synagogenplatz.

Abschließendes Gruppenfoto.

Werner und Goldie sind 2020 aus gesundheitlichen Gründen von Carbonedale /Colorade nach Tampa / Florida verzogen.

Karol Kain ist leider am 18. Mai 2024 in Evanston / Illinois verstorben.

Recherche: Christiane Meissner
Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 25.05.2019)
Foto:

Fotos rund um die Verlegung:

Sammlung Familie Knurr

Günther Lübbers

Opfergruppe: Juden
Quellen:
Literatur:
Patenschaft: Erich Knurr: Elfriede und Günther Lübbers
Melanie Knurr: Christiane Meissner
Dr. Werner Knurr: Irmtraud Hausmann
Verlegetermin: 23. Oktober  2017

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