Erich Gidansky

Veröffentlicht: 13. März 2010 von westermayer in Verlegung

Erich GIDANSKY
geboren am 16. April 1914 in Aurich

Straße: Marktplatz 31
Todesdatum: Überlebt den Völkermord, verstorben 18. März 2004
Todesort: Milwaukee, USA

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Erich Gidansky wird am 16. April 1914  als zweites Kind des späteren Kaufmanns Karl Gidansky und seiner Frau Gertrude Gidansky, geb. Hoffmann in Aurich geboren. Sein Vater Karl, der aus Memel in Litauen nach Aurich gekommen war, hatte dort eine Lehre für koscheres Schlachten und für rituelle Beschneidungen d.h. zum Mohel gemacht. In Aurich wurde er Hausmeister der Synagoge und konnte mit seiner Frau Gertrude nach der Heirat 1910 die Wohnung oberhalb der Synagoge bekommen. Gertrude hatte die Verantwortung für die rituellen Bäder für Frauen. Erichs ältere Schwester Merri Therese wurde 1911 geboren.

So wächst Erich mit seinen Eltern und seiner Schwester zunächst in der Synagogenwohnung auf, bis sie 1921 in das Haus am Marktplatz 31 umziehen, wo sein Vater von nun an im Erdgeschoss einen Tabakladen betreibt. Erich macht wie auch sein Vater und Großvater eine Lehre für koscheres Schlachten und rituelles Beschneiden. Ein bis zwei Jahre nach Hitlers Machtergreifung 1933 schicken seine Eltern ihn nach Memel in Litauen in der Hoffnung, dass es dort für Juden sicherer sei als in Deutschland. Er lebt dort bei Verwandten und kann in einer jüdischen Schule seine Ausbildung zum Mohel und Schochet   fortsetzen.

1941 jedoch, nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Litauen, werden er und die vielen anderen Familienmitglieder von den Nationalsozialisten verhaftet. Die meisten von ihnen werden, wie viele andere jüdische Männer, entweder in den Wäldern erschossen  oder in Lager gebracht, wo viele von ihnen umkommen. Erich und sein Cousin, Jacob Telser, werden in verschiedene Gefängnisse gebracht, bevor sie 1941 nach Dachau kommen. Erich erzählt später, dass er nur überleben konnte, weil er drinnen arbeiten musste und weil er noch jung war. Jacob meinte, dass er sicherlich nicht überlebt hätte, wenn Erich ihm nicht Extra-Lebensmittel und Decken nachts durch die hintere Tür hinausgeschmuggelt hätte. Beide bleiben bis zum Ende des Krieges im Lager Dachau, bis zur Befreiung im Mai 1945. Erich ist aber so geschwächt und entkräftet, dass er in ein Krankenhaus in einem Flüchtlingslager gebracht wird, wo er ein Jahr lang bleibt, um sich von den Torturen zu erholen. In dieser Zeit hilft ihm das Amerikanische Rote Kreuz, seine Mutter und seine Schwester in Baton Rouge ausfindig zu machen. (Er hatte zunächst vermutet, dass sie umgekommen seien, und sie glaubten, er sei umgekommen.) Sein Vater war schon im Februar 1936 in Aurich an einem Krebsleiden gestorben.

Erichs  Mutter war im Januar 1939 von Aurich aus nach Luxembourg geflohen, wo ihr Bruder lebte. Im März 1940 ist sie in Amerika angekommen. Erichs Schwester Merri Therese  muss im Januar 1939 von Hamburg aus nach Amerika geflohen sein. Erich  Gidansky kommt am 20. Mai 1946 in den USA an und trifft die Familie in Baton Rouge wieder. Aus Erich Gidansky wird Eric Gidan.

In Baton Rouge begegnet ihm eine andere Überlebende aus einem Konzentrationslager, Geertruida Zuidema Heilbronn aus Winschoten, und sie wird bald seine Frau. Sie heiraten 1948 und bekommen 1950 ihre erste Tochter, Maureen Karen. Der Name „Karen“ soll an den Großvater Karl erinnern. Die zweite Tochter wird 1953 geboren und heißt Susanne nach der Urgroßmutter Susanna Leers Hoffmann, sie wird von der Familie „Susie“ genannt. Eric  lebt mit seiner Familie viele Jahre in Baton Rouge. Als Handlungsreisender ist er in allen US-Südstaaten unterwegs und verkauft Damenwäsche. Als die Töchter erwachsen sind, begleitet Trudy ihn auf seinen Reisen.  Als fromme Juden sind sie sehr aktive Mitglieder der Synagogen-Gemeinde in Baton Rouge in der ganzen Zeit, in der sie dort leben. Sie beide filmen Zeugenaussagen für das Shoah-Projekt von Steven Spielberg und gehen oft in örtliche Schulen, um über ihre Holocaust-Erfahrungen zu berichten. Sie machen dies auch in Aurich während der „Woche der Begegnung“  im Mai 1992.

Erich G. mit seiner Frau Trude. Im Sessel seine Mutter Gelli Gidansky an ihrem 95. Geburtstag (Februar 1980)

Das Alter und ein schlechter werdender Gesundheitszustand veranlassen die beiden, Ende der  1990er Jahre nach Milwaukee, WI, umzuziehen, wo ihre beiden Töchter mit ihren Familien leben. Auch hier werden Eric und Trudy wieder aktive Mitglieder der jüdischen Gemeinde.

Erich G. mit seiner Frau Trude (im roten Kleid), seiner Schwester Merri und deren Enkel Jonathan (1987)

Nach einem Jahr nachlassender Gesundheit stirbt Eric am 18. März 2004 mit 89 Jahren. Er wird auf dem Jüdischen Friedhof in Milwaukee beigesetzt wie auch seine Witwe, die 6 Jahre später stirbt, und wo auch das Grab ihres Enkels Michael Kovnar zu finden ist, der schon 1999 mit 13 Jahren gestorben ist.

Recherche: Irmtraut Schulze-Rodenberg
Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 23.02.2019)
Foto: Carol Kain
Opfergruppe: Juden
Quellen: Nds. Landesarchiv Aurich, Rep. 16/1;
Korrespondenz mit Nachkommen;
https://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/klaipeda-stadt.html
Literatur:
Patenschaft: Familie Mönkemeier
Verlegetermin: 23. Oktober  2017

 

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