Abraham Glück

Veröffentlicht: 11. Dezember 2010 von westermayer in Verlegung

Abraham GLÜCK
geboren am 1. Mai 1899 in Odessa

Straße: Leerer Landstraße 14
Todesdatum: Überlebt den Völkermord, stirbt am 13.02.1970
Todesort: Los Angeles, USA
Abraham Glück wurde am 1. Mai 1899 in Odessa im damaligen Russland geboren. Der jüdische Bevölkerungsanteil betrug zu der Zeit in Odessa 30%, das entsprach etwa 125.000 Personen. Aber es gab im 19. Jahrhundert in Russland mehrfach antijüdische Pogrome, in Odessa 1821 zum ersten Mal. 1905 kam es dort erneut zu schweren Ausschreitungen gegen Juden.

Abraham Glücks Eltern wurden ermordet, als er noch ein kleines Kind war. Deshalb war das Leben für ihn als Waisenkind nicht einfach. Er ist schon als Kind nach Deutschland gekommen, hat in Hamburg-Altona gelebt und ist von dort Ende April 1918 nach Aurich gekommen, gemeldet am 27.04.1918.

Sein Sohn Henry berichtet, dass sein Vater eine unglaubliche Stimme hatte, aber nicht religiös genug war, um als Kantor für die Synagoge ausgewählt zu werden. Er sei jedoch bei lokalen Operettenaufführungen aufgetreten und oft in anderen Städten als Kantor ausgewählt worden.

Als Kaufmann betreibt er in Aurich zusammen mit Gustav Katz das Leder- und Pelzgeschäft „Glück und Katz“ in der Marktstr. 13.

Am 4. Dezember 1926 heiratet er Hilde Wolff, die aus einer großen Familie kommt und am 17. Juli 1902 als Tochter von Moses Levy und Rosa Wolff (geb. Sternberg) geboren wurde. Sie ist als jüngstes Kind mit sieben Geschwistern aufgewachsen: Rosalie, Moritz, Leopold, Erna, Frieda, Iwan und Wilhelm. Ihr Vater (gest. am 16.04.1916) war ein erfolgreicher Kaufmann mit eigenem Geschäft in Aurich. Ihre Mutter ist 1917 gestorben.  Trauzeugen bei der Hochzeit von Abraham Glück und Hilde Wolff sind der Kaufmann Jakob Sternberg und Moritz Wolf, Hildes Bruder und ebenfalls Kaufmann.

Schon 1925, also vor der Hochzeit, stellt Abraham Glück einen Einbürgerungsantrag, der zunächst abgelehnt wird. Das Verfahren zieht sich sehr in die Länge.  Erst nachdem am 11. Mai 1928 der Sohn Heinz geboren wird und klar ist, dass Abraham Glück den Lebensunterhalt für sich und seine Familie selbst verdienen kann, wird ihm die deutsche bzw. preußische Staatsbürgerschaft zuerkannt. Nach Zahlung einer Verwaltungsgebühr von 50 RM bekommt er sie im Februar 1929.

Abraham Glück wohnt in Aurich zunächst in der Marktstr. 6, seit März 1926 im Haus Marktstr. 13, das seit 1923 Gustav Katz gehört. Abraham und Hilde Glück ziehen nach der Hochzeit um in das Haus: Leerer Landstraße 14.

Am 16. Februar 1935 wird ihre Tochter Ursula Glück geboren. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass die Familie im September 1935 noch einmal umzieht, nämlich in die damalige Gartenstraße, heute von-Jheringstr. 27.

Vielleicht spielen auch Fluchtgedanken dabei schon eine Rolle, denn ab 1935 wird die Situation für Juden in Deutschland immer schwieriger. Die Familie Glück macht sich im September 1937 auf den Weg in die USA. Ursula ist zu der Zeit 2 1/2 Jahre alt, ihr Bruder Heinz 9. Die Schiffsreise geht von Hamburg über Le Havre nach New York. In einer Passagierliste sind die Namen aller Familienmitglieder zu lesen. Es geht auch daraus hervor, dass Familie Glück die Überfahrt selbst bezahlt hat. Das Schiff „Georgic“ kommt am 26. September 1937 in New York an.

Die Familie wohnt zunächst in Philadelphia in Pennsylvania. Hildes Schwestern Rosalie und Frieda (verh. Sternberg) fliehen ebenfalls in die USA. Von ihren Brüdern überlebt jedoch niemand das Ende des 2. Weltkrieges und der Naziherrschaft. Moritz kommt 1942 um im Ghetto Lodz (Polen) und Erna van Dyk (geb. Wolff) 1944 im KZ Stutthof (Polen). Dieses Schicksal wirft einen dunklen Schatten auf Abrahams und Hildes Leben, aber der Start in ein neues Leben ist voller Hoffnung.

Abraham Gluck mit seinem Enkel Ronald Gluck (Foto: Tracey Gluck)

Um 1967 herum ziehen sie um nach Los Angeles in Kalifornien.  Das Highlight ihres Lebens, wie Sohn Henry es nennt, besteht darin, dass sie lange genug gelebt haben, um ihre beiden Kinder glücklich verheiratet zu sehen und wunderbare Enkel bekommen zu haben. Sie sind sehr stolz auf das, was ihre Kinder erreicht haben, ihre Tochter verheiratet zu sehen mit einem Komponisten, der viele Auszeichnungen (Academy Awards) gewonnen hat, und den Sohn, der Präsident eines an der New Yorker Börse notierten Mischkonzerns geworden ist.

Abraham Glück, in Amerika Abe Gluck genannt, stirbt am 13. Februar 1970 in Los Angeles. Seine Frau Hilde, in Amerika Hilda Gluck genannt, mehr als 20 Jahre später, am 13. Januar 1992.

Recherche: Irmtraut Schulze-Rodenberg
Eingabe: Hans Jürgen Westermayer
(Stand 5.10.2021)
Foto: Tracey Gluck
Opfergruppe: Juden
Quellen: Meldekarte, NLA Aurich
https://www.myheritage.de/research/U.S.Sterbeverzeichnis der Sozialversicherung;  „The Los Angeles Times“, 16. Januar 1992,  S.23;
https://wikipedia.org/Geschichte_der_Juden_in_Odessa; https://search.ancestry.com (Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York);
Korrespondenz mit Nachkommen
Literatur:
Patenschaft: Ingo Mersch-Klock
Verlegetermin: 5. Oktober 2021

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