Wilhelm Isaak WOLFF
geboren am 20. August 1899 in Aurich
| Straße: | Marktstraße 5 |
| Todesdatum: | 23.07.1984 |
| Todesort: | Moises Ville, Argentinien |
| Wilhelm Isaak Wolff wird am 20.08.1899 in Aurich geboren. Er ist der jüngste von sieben Söhnen von Isaak Abraham Wolff (*4.03.1848 +30.11.1932) und Regine Wolff geb. Schulenklopper (*26.05.1856 +14.08.1936), die aus einer angesehenen Familie in Norden stammt. Sein Vater arbeitet als Schlachter und Viehhändler und auch Wilhelm arbeitet später in diesem Beruf. Die Vorfahren der Familie Wolff haben schon sehr lange in Aurich gelebt und waren über Generationen als Schlachter tätig.
Von den sieben Söhnen gelingt fünf die Flucht nach Argentinien, in die USA und nach Palästina (Abraham Isaak Wolff *1883, Argentinien – Joseph Isaak Wolff *1885 New York – Levy Isaak Wolff *1892, Palästina – Siegfried Isaak Wolff *1894, Paraguay). Zwei werden Opfer der Shoah (Jakob Isaak Wolff *1887, + 1941 Minsk – David Isaak Wolff *1889, +1943 Auschwitz). Für sie wurden bereits Stolpersteine in Aurich verlegt. Wilhelm arbeitet mit seinen Brüdern Abraham und Levy im Betrieb seines Vaters. Wohnhaus und Schlachterei liegen in der Marktstraße 5. Das Haus wurde von der Familie Wolff 1913 nach der Heirat von Abraham Wolff und Mathilde Katz gekauft. Zuvor wohnten sie in der Wallstraße 55. Wilhelms Eltern ziehen 1932 zu Hedwig Wolff in die Lilienstraße 12. Ein Jahr später stirbt Sein Vater und vier Jahre später seine Mutter. Wilhelm wohnt weiterhin bei seinem ältesten Bruder Abraham in der Markstraße 5 und hilft im Betrieb. Die systematische Diskriminierung jüdischer Schlachter und Behinderung ihrer Arbeit ab 1933 entzog ihnen nach und nach die wirtschaftliche Grundlage. Die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 mit Plünderungen und Schikanierungen der jüdischen Bevölkerung und anschließender mehrwöchiger Internierung männlicher Juden im KZ Sachsenhausen bedeutete einen vorläufigen Höhepunkt der nationalsozialistischen Judenpolitik. Nach den traumatischen Erlebnissen dieser Reichspogromnacht planen die Familien Abraham und Levy Wolff ihre Flucht nach Südamerika bzw. Palästina. Ende Dezember 1938 zieht Wilhelms Bruder Abraham mit seiner Frau und den vier Kindern für etwa ein Jahr von der Marktstraße 5 in die Lilienstraße 12 zu Hedwig Wolff. Dort hatten schon seine Eltern einige Jahre zuvor bis zu ihrem Tod gewohnt. Das Haus in der Marktstraße 5 wurde wohl verkauft, um die Flucht zu finanzieren. Sicherlich ist die Flucht nach Argentinien zu diesem Zeitpunkt bereits geplant. Es ist davon auszugehen, dass Wilhelm mit der Familie seines Bruders Abraham ebenfalls in die Lilienstraß 12 zieht. Auch sein Bruder Levy Isaak Wolff, für den in der Wallstraße 56 ein Stein verlegt wurde, muss Ende Dezember 1938 das Haus in der Marktstraße 5 verlassen. Im Januar 1940 kann Wilhelm mit der Familie seines Bruders Abraham aus Aurich fliehen. Die Flucht geht zunächst mit dem Zug nach Italien. Von Genua aus können sie eine Schiffspassage an Bord der NEPTUNIA nach Argentinien bekommen. Dieser Fluchtweg ist einige Monate später nach dem Kriegseintritt Italiens im Sommer 1940 nicht mehr möglich. Am 3. Februar 1940 erreichen die Flüchtlinge Buenos Aires. Auf einer Passagierliste der „Neptunia“ finden wir den Namen der Nichte von Wilhelm, Erna Altenberger geb. Wolff und den ihres Ehemannes Hermann Altenberger. Argentinien hatte, wie so viele andere Zufluchtsländer, die Einwanderung jüdischer Flüchtlinge per Dekret gestoppt und nur bis 1938 zugelassen. In einem geheimen Rundschreiben, der Circular 11, sollte die Erteilung von Visa an Personen, „die ihre Herkunftsländer als Unerwünschte oder Verstoßene verlassen“, verhindert werden. Daran hielten sich zum Glück, auch für unsere Familie Wolff, nicht alle Konsuln, die vermutlich gegen Geld trotzdem Visa erteilten. Wir können Kontakt zu Mario Wolff, einem Großneffen von Wilhelm Wolff, herstellen und erfahren so einiges über Wilhelms Leben nach der Ankunft in Argentinien. Nach ihrer Ankunft in Buenos Aires bleiben die Mitglieder der Familie Wolff zunächst für einige Tage dort und ziehen dann in das etwa 600 km entfernte La Juanita in der Provinz Santa Fe. Im Jahr 1960 ziehen sie nach Moises Ville. Dort wohnt Wilhelm bei seiner Nichte Erna Altenberger geb. Wolff, die auch mit der Familie Wolff auf der NEPTUNIA nach Argentinien geflohen war. Der Ort Moises Ville wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Juden gegründet, die vor Pogromen in Russland geflüchtet waren. Moises Ville entwickelte sich mit Flüchtlingen aus ganz Europa zu einem Zentrum jüdischer Kultur. Wilhelm Isaak Wolff hat nie geheiratet und hatte keine Kinder. Er stirbt am 23.07.1984 im Alter von 84 Jahren in Moises Ville. |
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| Recherche und Eingabe: Hans Jürgen Westermayer (Stand 5.10.2021) |
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| Opfergruppe: | Juden |
| Quellen: | Meldekarte, NLA Aurich geni.com (Familiendatenbank) |
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| Patenschaft: | Konfirmanden der Reformierten Kirchengemeinde Aurich |
| Verlegetermin: | 5. Oktober 2021 |
