Fritz SECKELS
geboren am 30. Mai 1907 in Aurich
| Straße: | Marktstraße 22 |
| Todesdatum: | 1943 Deportation nach Theresienstadt |
| Todesort: | unbekannt |
|
Fritz Seckels wird am 30.05.1907 als Sohn von Moses Feibelmann Seckels (1857-1943) und seiner Ehefrau Rieke geb. Rothschild (1871-1926) geboren. Moses Seckels war mit ihr in zweiter Ehe verheiratet. Fritz hat einen jüngeren Bruder Joseph, geboren am 6.08.1911. Fritz wohnt bei seinen Eltern und hilft im Antik Geschäft seines Vaters. In der Reichspogromnacht vom 9./10.11.1938 wird er – ebenso wie sein Bruder Joseph – verhaftet, misshandelt und anschließend bis zum 23.12.1938 im KZ Sachsenhausen interniert. Am 5.04.1940 muss er zusammen mit seinem Vater Moses Seckels und seiner Stiefmutter Rosa Aurich verlassen – so wie alle Auricher Juden. Sie ziehen nach Braunschweig, wohnen dort unter schwierigen Verhältnissen in einem mehrstöckigen „Judenhaus“ in der Ferdinandstraße 9 und werden am 16.03.1942 nach Theresienstadt deportiert. Hier verliert sich ihre Spur. Zur ausführlichen Geschichte der Familie seines Vaters: Moses Zwy Feibelmann wird am 25. November 1857 geboren. Er stammt aus einer Kaufmanns- und Händlerfamilie. Sein Vater ist Feibelmann Jacob Seckels (1821-1907), seine Mutter Mienke Moses Cohen (1819-1874) stammt aus Neustadt-Gödens. Moses heiratet in seiner ersten Ehe Emma Isenburger (1856 – 1901) aus Friedberg in Hessen. Ihre jüngere Schwester Sophie (1864- 1943 nach Auschwitz deportiert) heiratet ebenfalls nach Aurich (den Kaufmann Seckel Joseph Seckels (1861-1936). Für Sophie Seckels wurde am 8.11.2011 der erste von über 400 Stolpersteinen in Aurich verlegt, für ihren Mann Seckel am 16.11.2019 ein weiterer. Aus der Ehe von Moses und Emma Seckels stammen neun Kinder: Zwei seiner Söhne fielen im Ersten Weltkrieg. 1935 wird Moses von der Stadt noch ein Ehrenkreuz verliehen für Eltern, die ihre Kinder im Krieg verloren hatten. In zweiter Ehe heiratet Moses Feibelmann Seckels die in Gronau, Westfalen, geborene Rieke Rothschild (geb. am 21. September 1871). Sie stirbt mit 55 Jahren am 24. März 1926 in Aurich an „Herzschwäche“. Aus dieser Ehe stammen die beiden Söhne Fritz, geboren am 30. Mai 1907, und Josef, geboren am 6. August 1911. Für sie wurden ebenfalls Stolpersteine verlegt. In dritter Ehe heiratet Moses Feibelmann die aus Galizien stammende Rosa Kleinberger, geboren am 25. Januar 1886 in Kleczany in Galizien. Er heiratet sie am 21. September 1926 wenige Monate nach dem Tod seiner zweiten Frau Rieke. Diese Ehe bleibt kinderlos. Auch für Rosa wurde ein Stolperstein verlegt. Wohl in den zwanziger Jahren zieht Moses Feibelmann Seckels von der Wallstraße in die Marktstraße 22. Er betreibt ein Geschäft für Antiquitäten, wird auch als „Produktenhändler“ bezeichnet. Im Juli 1935 wird in dem Sprachrohr der Nationalsozialisten, der Ostfriesischen Tageszeitung, zum Boykott jüdischer Geschäfte in Aurich aufgerufen. Auf der veröffentlichten Liste steht auch das Geschäft von Moses Feibelmann Seckels. Die Boykottaktionen und Verfolgungen treiben ihn letztlich in den Ruin. In den späteren Entschädigungsverfahren formuliert Dr. Karl Anklam es so, „es handele sich um einen typischen Entziehungsfall. Bis zur Verfolgung lebte die Familie in geordneten und guten Verhältnissen. Moses Seckels Antik Sachen waren von anerkanntem Wert und er verdiente Geld, bis die Partei ihm den Handel nach auswärts untersagte und anordnete, dass er alles hier unter ungünstigen Absatzverhältnissen veräußern musste. In den Akten befindet sich auch eine mit Zeugenaussagen belegte Feststellung, dass man ihm sogar wesentliche Geldbeträge erpresst habe“. Soweit eine Stellungnahme von Karl Anklam aus der Nachkriegszeit. Fritz und Joseph Seckels, die Söhne aus zweiter Ehe, wohnen im Elternhaus und helfen so gut sie können. Josef, hilft als Kaufmann im Laden seines Vaters mit. Er muss sich aber, als die Geschäfte schlechter laufen, in der Landwirtschaft Arbeit suchen. Beide Söhne werden im November 1938 wie viele andere jüdische Bürger aus Aurich nach der sogenannten Reichskristallnacht“ in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. In der Pogromnacht in Aurich vom 9. auf den 10. November 1938 brannte die Synagoge. In der Landwirtschaftlichen Halle zusammengetrieben, wurden die Männer schikaniert. Diejenigen, die jünger als 60 Jahre waren, wurden in sogenannte „Schutzhaft“ genommen. 42 Auricher wurden noch am gleichen Abend ins Gefängnis gebracht. Am 11. November 1938 wurden sie in Bussen nach Oldenburg transportiert. Ein Zug brachte sie von dort weiter in das KZ Sachsenhausen. Viele Auricher Männer blieben dort bis Ende Dezember. Joseph und sein Bruder Fritz konnten am 23. Dezember 1938 wieder nach Hause zurückkehren. Josef Seckels heiratet am 14. Februar 1939 Hedwig Marx, die zu der Zeit als landwirtschaftliche Arbeiterin in Sandhorst gemeldet war. Hedwig (geb. 1. September 1910) stammt aus Brohl, einem kleinen Dorf in der Eifel. Das Ehepaar entschließt sich, Aurich zu verlassen. Sie wählen die Emigration nach Belgien, in der Hoffnung dort den Verfolgungen entgehen zu können. Am 11. November 1939 emigrieren sie nach Brüssel. Vielleicht träumen auch Joseph und Hedwig von einer Auswanderung nach Amerika oder Palästina. Vor Beginn des Zweiten Weltkrieges lebten in Belgien mindestens 56.000 Juden – Schätzungen gehen sogar von 60.000 bis 70.000 aus. Unter ihnen waren viele Juden aus Deutschland und Österreich, die vor den nationalsozialistischen Verfolgungen geflohen waren. Belgien war bei Kriegsausbruch neutral geblieben, aber bis Ende Mai 1940 hatten die Deutschen Belgien besetzt. Nach dem Einmarsch verabschiedeten die deutschen Besatzer zahlreiche antijüdische Verordnungen und Gesetze. Die jüdische Bevölkerung wurde in den vier großen Städten Brüssel, Antwerpen, Lüttich und Charleroi konzentriert, ihre Besitztümer wurden registriert und ab dem 27. Mai 1942 musste sie zur Kennzeichnung einen gelben Stern tragen. Am 11. Juni 1942 erhielt die Brüsseler „Zentralstelle für jüdische Angelegenheiten“ aus Berlin den Auftrag, die Deportation der ersten 10.000 Juden aus Belgien vorzubereiten. Für diesen Zweck wurde in einer alten Kaserne (Dossinkaserne) in Mechelen (Flämisch) / Malines (französisch), ein SS-Sammellager eingerichtet: das „SS-Sammellager Mechelen“ (zwischen Brüssel und Antwerpen) eingerichtet. Joseph und Hedwig Seckels können sich nicht verstecken. Sie werden gefangen genommen und im Sammellager Mechelen/Malines interniert. Am 15. Januar 1944 werden sie deportiert – der Zug erreicht am 17. Januar 1944 das Vernichtungslager Auschwitz (23. Transport, 657 Juden und Sinti und Roma). Fritz Seckels bleibt in Aurich, er steht seinem alten Vater und seiner Stiefmutter Reisel/Rosa bei. Sie gehören zu den letzten 20 jüdischen Bürgern Aurichs, die im März 1940 noch in der Stadt wohnen. Zum 1. April sollte Aurich für „judenfrei“ erklärt werden können. Das ist auch der Tag, an dem Moses, Rosa und Fritz ihr Haus, ihr Eigentum, ihre Heimat verlieren. Sie hatten sich bemüht, außerhalb Aurichs eine Unterkunft zu finden. Am 5. April liegt endlich auch die Zuzugsgenehmigung von Braunschweig vor. Sie finden Aufnahme in der Ferdinandstraße 9. Das war ein mehrstöckiges Haus, das ursprünglich einen jüdischen Besitzer hatte. Erst ab 1942 lebten nur noch Juden in der Ferdinandstraße 9, von denen die meisten um die 70 Jahre alt waren. Bis 1943 lebten sie hier, auf die Spenden jüdischer Bürger angewiesen. Am 16. März 1943 werden Moses, Rosa und Fritz mit anderen Juden zum Alten Bahnhof getrieben. Der Zug hält noch einmal in Berlin. Am 17. März verlässt der Transport Berlin, er erreicht das Ghetto Theresienstadt am 18. März 1943. Dort verlieren sich die Spuren. Moses Feibelmann verstirbt schon während der Deportation. Er wird 86 Jahre alt. Moses Seckels wurde ein Opfer der unmenschlichen Umstände des Transportes. Die Juden wurden in Viehwaggons gezwängt, es gab keine Toilette. Die kleinen Fenster, die einzige Luftzufuhr, waren mit Stacheldraht umwickelt, es gab nichts zu trinken. Auch die Dauer des Transportes (2-3 Tage) war ein Grund für die hohe Sterberate unter den Deportierten. Nachtrag: 2010 wurde in Braunschweig am Haus in der Ferdinandstraße 9 eine Gedenktafel mit folgender Aufschrift angebracht: „Dieses Haus wurde 1939 ein sogenanntes ‚Judenhaus’. / Ihrer Würde beraubt, mussten jüdische Mitmenschen hier leben. / Charlotte, Fritz und Miriam [sic![24]] Hirsch emigrierten im November 1940 nach Brasilien. / Isidor Baron und Käthe Ziegelstein starben hier. / In das Ghetto Warschau oder in das Konzentrationslager / Theresienstadt wurden 1942/43 deportiert: / Amalie und Luise Baron, Franziska Deppe, Rosa Falk, Lina Nachod, / Fritz, Moses und Rosa Seckels, Anna und Robert Weil.“ |
|
| Recherche: Astrid Parisius Eingabe: Hans Jürgen Westermayer (Stand 17.12.2022) |
|
| Foto: | |
| Opfergruppe: | Juden |
| Quellen: | Meldekarte, NLA Aurich geni.com (Familiendatenbank) |
| Literatur: | |
| Patenschaft: | Karin Baumgarten-Hoefs |
| Verlegetermin: | 14. Dezember 2013 |



