Johanna WOLFFS verh. LÖB
geboren am 26. August 1908 in Fraustadt, Provinz Posen
| Straße: | Wallstraße 14 |
| Todesdatum: | 4.10.1987 |
| Todesort: | Buenos Aires |
| Johanna Wolffs wird am 26.08.1908 in Fraustadt, Provinz Posen (ab 1945 polnisch: Wschowa), geboren. Sie ist die Tochter des Ehepaares Glasermeister Meyer Moritz Wolffs, geb. 13.02.1876 in Aurich, und Cäcilie Wolffs geb. Schwarzwald, geb. 08.09.1869 in Fraustadt. Die Eltern ihres Vaters sind Wolff Selig Wolffs (18.11.1838 – 03.04.1891 in Aurich) und Eva Abraham Wolffs (01.11.1845 – 11.03.1920 in Aurich). Ihr Vater Meyer Wolffs fällt am 24.11.1915 im 1. Weltkrieg.
Johanna hat einen älteren Bruder, Wilhelm Wolffs, geb. am 26.05.1905 in Fraustadt. Wilhelm kommt im November 1915 im Alter von 10 Jahren, kurz bevor sein Vater im 1. Weltkrieg fällt, offensichtlich allein, nach Aurich und arbeitet bei seinem Onkel Abraham Wolffs als Kaufmannsgehilfe. Er bleibt ledig und zieht am 29.02.1940 in ein Waisenhaus nach Emden in die Klaas-Tholen-Str. 19. Am 23.10.1941 wird er nach Litzmannstadt (Lodz) deportiert, von wo er seinem Onkel Siegfried Wolffs, Münster, noch einen Brief, allerdings mit unbekanntem Datum, schreibt. Danach gilt er als verschollen. Für ihn wurde am 27.01.2015 ein Stolperstein in der Wallstraße 14 verlegt. In Fraustadt gab es auch eine kleine jüdische Elementarschule, die in den 1820er Jahren geschaffen wurde und bis wenige Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges existierte; danach besuchten die jüdischen Kinder die örtliche evangelische Schule. Abwanderung kennzeichnete die Jahre unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg; denn die verschlechterte ökonomische Situation der Stadt – sie lag nun in unmittelbarer Grenzlage zu Polen und war damit von den bisherigen Absatzmärkten isoliert – veranlasste zahlreiche Familien zum Weggang. Wann genau Johanna Wolffs Fraustadt verlässt, ist nicht bekannt. In Osnabrück erhält sie in der „Provinzial Hebammenlehranstalt“ in der Caprivistraße eine Ausbildung zur Hebamme. Die Hebammenanstalt galt als eine der modernsten und am besten ausgestatteten Einrichtungen in Preußen. Johanna Wolff ist also bestens ausgebildet, als sie nach Aurich kommt. Sie zieht am 16.04.1929 im Alter von 21 Jahren aus Osnabrück (Caprivistr. 1) nach Aurich in die Wallstr. 14 zu ihrem Onkel Abraham Wolffs – vielleicht um wieder näher bei ihrem Bruder Wilhelm zu sein, der seit 1915 in Aurich lebt. In Aurich arbeitet Johanna als Wochenpflegerin (Hebamme). Am 15.05.1932 wechselt Johanna in die Wallstr. 8 zu Familie Stoppelmann. Es folgen 1933 und 1934-1935 kurze Aufenthalte in Delmenhorst und Papenburg (Friederikenstraße), von denen sie in die Wallstraße 14 zurückkehrt. Am 15.02.1937 zieht sie in eine eigene Wohnung in der Kirchstraße 13. Von dort geht sie am 18.10.1937 für einige Monate nach Berlin und wohnt dort in die Brückenallee 29 (im Hansaviertel, eine gute Adresse – Akademiker, Rechtsanwälte, Künstler wohnen hier) und kehrt am 12.05.1938 wieder nach Aurich zurück in die Kirchstraße 13. Drei Monate später, am 1.8.1938, verlässt Johanna Aurich und zieht nach Borken/Westfalen, in die Bahnhofstr. 9 zur Familie Haas. Die Gebrüder Hass betrieben in Borken eine auch international agierende Holz- und Furniergroßhandlung. Sie bewohnten ein großes, repräsentatives mehrstöckiges Wohn-Doppelhaus. Johanna Wolffs arbeitet in der Familie als Krankenschwester und versorgt Ricka Haas, die unter schwerer Diabetes litt. In diesem Haus durchleidet Johanna die Pogromnacht vom 9./10. November 1938 und muss miterleben, wie gegen Mitternacht das Borkener SA -Kommando das Haus überfällt. Die SA -Männer brechen die Haustür auf und verschleppen Jonas Haas, die Haushälterin und die jungen Frauen ins Gerichtsgefängnis. Hier verhören sie die Frauen, um den Verbleib von Erich Haas zu erfahren. Das Kindermädchen mit den drei Jungen bleibt mit Ricka Haas und ihrer jüdischen Krankenschwester (Johanna) im Haus. Die SA-Männer zerschlagen die Fensterscheiben, verwüsten die Wohnungen und zerstören das Büro von Erich Haas. Die SA -Männer verbringen anschließend die Nacht im Wohnhaus der Familien Haas. In der Folgezeit wird die Familie systematisch enteignet. Nur Erich Haas gelingt die Flucht in die Niederlande. Alle anderen Familienmitglieder werden Opfer der Shoa. Johanna Wolffs gelingt es irgendwie nach Argentinien zu emigrieren. Dort kommt sie am 27.10.1940 in Buenos Aires an. Sie lernt Berthold Löb kennen und die beiden heiratet. Berthold Löb wird am 26.12.1907 in Schifferstadt geboren. Seine Eltern sind Maximilian Löb (Jg. 1887) und Melanie Löb geb. Dreyfuss (Jg. 1882). Er hat einen Bruder Fritz (Jg. 1906). Für alle vier wurden Stolpersteine in Schifferstadt verlegt. Max Löb arbeitet als Viehhändler gearbeitet. Aufgrund der Boykottmaßnahmen des Naziregimes wird er bereits 1935 so zahlungsunfähig, dass dieses Haus zwangsversteigert wird. Die Familie zieht daraufhin hinter die Synagoge und muss deren Brand am 10.11.1938 miterleben. Am 23.09.1939 können die Eltern nach Argentinien auswandern. Die Söhne sind zu dieser Zeit schon dort. Fritz Löb ist neben seinem Beruf Viehhändler, Metzger und Landwirt ein begeisterter Motorsportler. Er kann 1938 nach Argentinien auswandern. Berthold, der jüngere Bruder, arbeitet als Einkäufer und Abteilungsleiter eines großen Kaufhauses und versucht schon ab 1936 auszuwandern. 1937 schaffte er es und wird in Argentinien zur Anlaufstelle für alle seine Familienmitglieder. Johanna und Berthold Löb haben eine Tochter Claudia Orduwa. Sie lebt in Mar de Ajó, einem Küstenbadeort etwa 350 km südlich von Buenos Aires. Berthold Löb stirbt am 31.05.1976 im Alter von 68 Jahren. Seine Frau Johanna lebt Ende seit dem Januar 1983 im Altersheim San-Miguel, Buenos Aires. Sie stirbt am 4.10.1987 im Alter von 79 Jahren. |
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| Recherche: Astrid Parisius Eingabe: Hans Jürgen Westermayer (Stand 19.12.2021) |
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| Opfergruppe: | Juden |
| Quellen: | geni.com (Familiendatenbank) Dokumente: http://archive.org/details/hansheinzaltmann08reel08/mode/1up?view=theater Hartmut Bringmann, Erich Haas — Ein jüdisches Leben in Borken https://d-nb.info/1150778903/34 |
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| Patenschaft: | Hartwig Kuiper |
| Verlegetermin: | 16. November 2019 |
